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Schwerpunkt "Chancenkontinent"

ENTWICKLUNG Minister Gerd Müller (CSU) setzt auf Nachhaltigkeit, vor allem für Afrika

03.02.2014
2023-11-08T12:31:29.3600Z
3 Min

Auf den Oppositionbänken will man seinen Ohren noch nicht recht trauen: Von einem neuen "Sound" des Ministers ist die Rede, der so ganz anders klingt, als man das vom Vorgänger gewohnt war. Gerd Müller (CSU), Chef des Ministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, rannte mit seinen in der vergangenen Woche erst im Ausschuss und dann im Plenum skizzierten Plänen fraktionsübergreifend offene Türen ein. Von der Unhaltbarkeit eines "gewaltigen ökologischen Fußabdrucks", den der Mensch hinterlasse, sprach der Minister, und davon, dass man hier, auf der Sonnenseite der Welt, mit Übergewicht zu kämpfen habe, während eine Milliarde Menschen an Unterernährung zu leiden hätten. "Das ist nicht hinnehmbar", sagte Müller und legte dar, was er unter einer "werterorientierten" und "nachhaltigen" Entwicklungspolitik versteht. Die Globalisierung müsse so gestaltet werden, "dass sie den Menschen dient und nicht ausschließlich den Märkten und der Wirtschaft". Nicht der freie Markt ohne Kontrolle sei Leitbild, sondern eine "ökologisch-soziale Marktwirtschaft".

Ernährungssicherung

Als eine Plattform nannte Müller den Post-2015-Prozess, mit dem die Millenniumsziele neu definiert werden: "Deutschland kann und muss hier eine starke inhaltliche Vorgabe machen." Müller kündigte an, das Engagement bei der Bekämpfung des Hungers zu verstärken und mit einer Milliarde Euro pro Jahr und dem Aufbau von "zehn grünen Wertschöpfungszentren" in Afrika "gezielt die ländliche Entwicklung voranzubringen". Leitbild seien dabei "nicht Agrofabriken, sondern leistungsfähige bäuerliche Betriebe, die die lokale Ernährung sichern und die Wertschöpfung im Lande belassen". Als weiteres Kernanliegen nannte Müller die Stärkung der Bildung und den Aufbau beruflicher Ausbildungszentren. Entsprechende Haushaltsmittel sollten auf 400 Millionen Euro pro Jahr erhöht, der Schwerpunkt solle auch hier auf dem "Chancenkontinent" Afrika liegen.

In einem Punkt ließ die Opposition keinen Zweifel: "Wir sind hier zu 100 Prozent an Ihrer Seite. Wir werden Sie aber an Ihren Taten messen", sagte Uwe Kekeritz (Grüne). Müller, zuvor Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium, müsse sich glaubhaft von seinem "Dasein als Exportförderer" der Agrarwirtschaft verabschieden. Es müsse Schluss sein, "mit Handelsverträgen, die die Gewerkschaftsrechte unterminieren und eine wirkliche Klimapolitik in den Partnerländern unmöglich machen, die die Ernährungssouveränität der Länder untergraben, die den Investitionsschutz über Menschenrechte, über soziale und ökologische Gerechtigkeit stellen".

Heike Hänsel (Die Linke) erinnerte an die Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nur wenige Stunden zuvor, die einen ganz anderen Klang gehabt habe: Darin sei es um "knallharten Wettbewerb der Volkswirtschaften weltweit, im Grunde um den Kampf um Ressourcen, den Schutz von Handelswegen, um billige Arbeitskräfte und neue Absatzmärkte" gegangen.

Bärbel Kofler (SPD) forderte zu verbindlichen Verpflichtungen für Sozial- und ökologische Standards zu kommen, auch und vor allem "für unsere Unternehmen, die weltweit tätig sind". Die Abgeordnete erinnerte zudem daran, dass eine nachhaltige Entwicklungspolitik nicht nur "Rahmenbedingungen" brauche, sondern auch "einen Aufwuchs bei den finanziellen Mitteln".

Sibylle Pfeiffer (CDU) kündigte an, die Klimapolitik zum "Hauptthema" zu machen: "Die Kosten für die Anpassung an veränderte Lebensumstände können viele Entwicklungsländer nicht alleine schultern." Als Diskussionsplattform nannte Pfeiffer etwa den G-8-Gipfel 2015 in Deutschland. Sie betonte darüber hinaus, dass viele Entwicklungsländer "mittlerweile selbst zu vielem in der Lage" seien: "Zum Aufbau eines Basisgesundheitssystems, zur Sicherung des Zugangs zu Nahrungsmitteln und Bildung oder einfach zum Aufbau stabiler staatlicher Strukturen." Ein Entwicklungsprozess sei stets dann erfolgreich, "wenn er aus den Ländern selbst kommt und zumindest zu einem gewissen Teil von ihnen selbst finanziert ist", sagte Pfeiffer.