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Futterneid der Industrie

VON JÖRG BIALLAS

12.05.2014
2023-08-30T12:26:14.7200Z
2 Min

Es ist kompliziert. Und es geht um Geld, viel Geld: stattliche fünf Milliarden Euro. Mit dieser Summe werden besonders energieintensive Unternehmen von der Ökostrom-Umlage des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) entlastet. Das soll nach den Plänen der Bundesregierung zwar so bleiben. Aber es wird neue Kriterien geben, um die Nutznießer dieser Regelung zu definieren. Deshalb werden zukünftig wohl mehr Unternehmen ein Stück vom Förderkuchen beanspruchen. Das wiederum bedeutet für andere, lukrative Krümel vom eigenen Teller abzugeben. In der Industrie ist folglich Futterneid aufgekommen, aus Angst, im internationalen Wettbewerb nicht ausreichend konkurrenzfähig zu sein.

Genau das sollte die Befreiung von der Ökostrom-Umlage aber ursprünglich verhindern. Aus heutiger Sicht ist ärgerlich, dass das EEG seinerzeit ausgerechnet in diesem Punkt mit zu heißer Nadel gestrickt wurde. Mitunter musste die Logik schon sehr fantasievoll bemüht werden, um zu verstehen, warum das ein oder andere Unternehmen förderfähig sein sollte. Der Ärger von Kleinverbrauchern, die selbst keine Aussicht auf finanzielle Zugeständnisse haben, war ebenso programmiert wie nachvollziehbar. Deshalb leuchtet es ein, dass die Kriterien für die Rabatte jetzt neu justiert werden.

Dies soll schnell geschehen: Kabinettsbeschluss am vergangenen Mittwoch; tags darauf Debatte im Bundestag; Verabschiedung des Gesetzes noch vor der Sommerpause des Parlamentes Anfang Juli. Damit nimmt die Energiewende aus Sicht der Bundesregierung eine weitere Hürde in eine ökologischere Zukunft. Was seinerzeit unter dem Eindruck der Atom-Katastrophe im japanischen Fukushima einigen zu zügig, manchen gar überstürzt auf den Weg gebracht wurde, gewinnt damit zumindest weiter an Kontur.

Die jetzt angestoßene EEG-Reform wird mutmaßlich nicht die letzte Korrektur im Prozess der Energiewende sein. Während die einen beklagen, die ursprünglich formulierten Ziele würden zunehmend aus den Augen verloren, spotten andere über die Nachteile alternativer Energiegewinnung, die gewiss auch unübersehbar sind. Und doch: Deutschland hat die Abkehr von der Kernenergie mit einem breiten politischen und gesellschaftlichen Konsens beschlossen. Schon deshalb kann der Weg nicht zurück zum Atomstrom führen.