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"Ergebnis zählt"

UMWELT I Die Grünen wollen den Klimaschutz gesetzlich verankern. Die Koalition lobt die Initiative, betont aber, dass der Klimaschutz auch ohne Gesetz weit…

10.06.2014
2023-08-30T12:26:15.7200Z
3 Min

Umweltverbände und Entwicklungsorganisationen, wie der WWF, Brot für die Welt oder Greenpeace haben es schon vor ein paar Monaten in einer gemeinsamen Erklärung gefordert: ein deutsches Klimaschutzgesetz. Es soll Ziele für die Minderung der Treibhausgasemissionen, den Ausbau erneuerbarer Energien und die Steigerung der Energieeffizienz verbindlich festschreiben und Gesellschaft und Wirtschaft Planungs- und Investitionssicherheit bieten. Auch SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind seit langem für ein solches Gesetz, die Forderung stand in ihren Regierungsprogrammen zur Bundestagswahl 2013. Eingang in den Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD hat das Anliegen nicht gefunden. Dort ist - neben den vereinbarten deutschen und europäischen Klimazielen (siehe Zusatzkasten) - von einem "Klimaschutzplan" die Rede, in dem die weiteren Reduktionsschritte bis zum Jahr 2050 festgeschrieben und mit Maßnahmen unterlegt werden sollen.

Nun prescht die kleinste Fraktion im Bundestag vor: Am vergangenen Donnerstag debattierte das Parlament in erster Lesung über einen von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Entwurf eines Klimaschutzgesetzes (18/1612). Die Hauptforderungen: Die Bundesregierung soll die nationalen Klimaschutzziele bis zum Jahr 2050 gesetzlich verankern und dem Bundestag jährlich einen Klimaschutzbericht vorlegen, in dem sie über die Entwicklung der Treibhausgasemissionen, die Maßnahmen zum Klimaschutz und den Stand der erreichten Klimaziele unterrichtet.

Darüber hinaus haben die Grünen einen Antrag (18/1619) vorgelegt, in dem sie die Bundesregierung auffordern, die EU-Energieeffizienzrichtlinie unverzüglich umzusetzen. Sie war im Dezember 2012 in Kraft getreten und bündelt eine Vielzahl an Maßnahmen, die darauf abzielen, den Primärenergieverbrauch der EU-Staaten bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. Die Frist zur Umsetzung in nationales Recht ist vergangene Woche abgelaufen.

Dank für die "Fleißarbeit"

Im Bundestag stießen die Grünen mit ihren Initiativen grundsätzlich auf offene Ohren. In der Debatte waren sich die Fraktionen in wichtigen Punkten vollkommen einig: Deutschland muss noch aktiver werden beim Klimaschutz und die Energiewende vorantreiben. Andernfalls würden die Klimaziele verfehlt.

Frank Schwabe (SPD) dankte der Oppositionsfraktion für ihre "Fleißarbeit", hob aber auch hervor, dass sich die Große Koalition ohnehin viel vorgenommen habe: Nach Jahren des "Rückschritts" in Zeiten der schwarz-gelben Regierung sei die deutsche Klimaschutzpolitik wieder auf gutem Wege. In wenigen Monaten sei Deutschland innerhalb der EU erneut zu einem führenden Land beim Thema Klimaschutz geworden. So wolle Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bis Ende des Jahres ein mittelfristiges Sofortprogramm für den Klimaschutz vorlegen. "Und dann", kündigte Schwabe an, "soll es auch ein Klimaschutzgesetz geben, schon weil wir wissen müssen, wo wir bei der Zielerreichung stehen."

Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Bärbel Höhn (Bündnis 90/Die Grünen), machte klar, dass die Grünen nicht nur ein Gesetz mit langfristig verankerten Zielen wollen. "Wir wollen auch Kontrolle, Verlässlichkeit, Planungssicherheit und einen Mindestpreis für CO2." Die Gesetzesinitiative begründete sie mit der Notwendigkeit, so schnell wie möglich Schaden von den nachfolgenden Generationen abzuwenden. "Wenn wir heute nicht handeln, hinterlassen wir unseren Kindern und Enkelkindern dramatische Bürden." Der Bundesregierung warf sie vor, kostbare Zeit zu verspielen und die Energiewende zu verlangsamen: Das Klimaschutz-Sofortprogramm werde "gerade erst diskutiert", und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bremse im neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Ausbau von Sonnen- und Windenergie aus.

"Bindende Verpflichtungen statt Klima-Wischiwaschi", das ist nach Ansicht von Eva Bulling-Schröter (Die Linke) das Gebot der Stunde. Ein Klimaschutzgesetz würde die politisch Veranwortlichen zum Handeln zwingen, sie könnten sich "nicht mehr hinter Absichtserklärungen verstecken". Die Linken-Abgeordnete machte auch auf die Folgekosten des Klimawandels aufmerksam: Untersuchungen des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW) beziffern diese bis 2050 auf 800 Millionen Euro. "Das sind ja keine Peanuts", bemerkte sie.

Ambitionierte Frist

In den Augen von Anja Weisgerber (CSU) weicht die Bundesregierung in ihrer Zielsetzung nicht von der Opposition ab: "Die Bundesregierung handelt und schlägt konkrete Klimaschutzmaßnahmen vor." Deshalb sei es "einerlei, ob Gesetz oder Klimaschutzplan: Was zählt ist das Ergebnis." Ihre Fraktionskollegin Herlind Gundelach (CDU) betonte, dass die Regierung gerade im Bereich der Energieeffizienz viel tue. Unter anderem wolle sie die KfW-Programme zur Gebäudesanierung ausbauen und verstetigen. Die Frist zur Umsetzung der sehr komplexen EU-Energieeffizienrichtlinie nannte sie jedoch "sehr ambitioniert". Auch andere EU-Länder seien damit nicht viel weiter als Deutschland.

Julia Verlinden (Grüne) meinte, die Bundesregierung riskiere so ein Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel "wegen Untätigkeit beim Energiesparen". Dabei brüste sie sich gerne damit, "Effizienzweltmeister" zu sein. "Weltmeisterschaften kann man aber nur gewinnen mit kontinuierlichem Training, klugen Strategien und schneller Reaktion", betonte Verlinden.