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Nach dem Kernkraftausstieg soll der Kohleausstieg kommen

Wirtschaft Koalitionsfraktionen wehren sich gegen "Aussteigeritis" und lehnen eine "fragmentierte Energiepolitik" ab

07.07.2014
2023-08-30T12:26:17.7200Z
2 Min

Die Opposition im Bundestag will parallel zum Atomausstieg auch aus der Kohleverstromung aussteigen. Die Grünen fordern in einem Antrag (18/1962) mit dem Titel "Kohleausstieg einleiten, überfälligen Strukturwandel im Kraftwerkspark gestalten" einen Kohlendioxid-Grenzwert für neue und bestehende fossile Kraftwerke analog zur Regelung in Großbritannien. Der Grenzwert soll sich an der Jahresemission eines modernen Gaskraftwerks orientieren. Die Betreiber könnten ihre Kraftwerke bis zum Erreichen der Jahresobergrenze weiter betreiben oder stilllegen. Damit würden "die ältesten, ineffizientesten, unflexibelsten und klimaschädlichsten Kraftwerke zuerst außer Betrieb gehen".

In Deutschland sei zuletzt sogar mehr Kohle verstromt worden, stellte Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) am vergangenen Freitag in der Debatte über den Antrag fest. Brandenburg wolle den Braunkohletagebau ausweiten. Es sei "immer wieder peinlich, wenn wir auf internationalen Konferenzen darauf angesprochen werden".

Joachim Pfeiffer (CDU) bescheinigte den Grünen einen "schweren Fall von Aussteigeritis". Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung sei seit dem Jahr 2000 von sieben auf 25 Prozent gewachsen. Dennoch erbringe Kohle heute den größten Teil der Stromerzeugung und werde das noch einige Zeit erbringen, "denn wir sind gerade dabei, aus der Kernenergie auszusteigen". Genau das hätten die Grünen immer gefordert. "Sie beklagen, dass Kohle gerade eine Rolle spielt, die sie nicht mehr spielen müsste."

Braunkohlekraftwerke seien ein "überkommenes Relikt aus dem fossilen Energiezeitalter", sagte Eva Bulling-Schröter (Die Linke) zur Begründung eines Antrags (18/1673) ihrer Fraktion mit dem Titel "Energiewende durch Kohleausstiegsgesetz absichern". Darin wird gefordert, ab sofort den Neubau von Kohlekraftwerken und Neuaufschluss von Tagebauen zu untersagen und das letzte Kohlekraftwerk 2040 stillzulegen. Bulling-Schröter begründete die Forderung nach einem Ausstiegsgesetz damit, dass der Emissionshandel "kläglich gescheitert" sei. Um Kohle zu verdrängen, müsse ein CO2-Emissions-Zertifikat 60 bis 80 Euro kosten, tatsächlich koste es derzeit aber nur fünf Euro. Würde man aber die Zertifikate so verteuern, dass die Kohle vom Markt verdrängt wird, "würde das die Verbraucher teuer zu stehen kommen".

Für die SPD-Fraktion erklärte Dirk Becker, wenn die Grünen in ihrem Antrag auf Großbritannien verwiesen, sei das "nicht glaubwürdig", da das Land gerade neue Atomkraftwerke baue. Becker kündigte für den Herbst eine Debatte an, "wie die Energiewende zum Erfolg geführt werden kann". Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) wolle dazu ein Grünbuch erarbeiten. "Was nicht geht", sagte Becker an die Adresse von Grünen und Linken, sei "eine fragmentierte Energiepolitik: Heute machen wir das EEG, jetzt machen wir ein Kohleausstiegsgesetz, morgen machen wir dies, übermorgen jenes". Die beiden Anträge wurden vom Plenum an die Ausschüsse verwiesen.