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Flüchtlingspolitik : Asylkompromiss Teil zwei

Der Opposition gehen die Neuregelungen nicht weit genug

17.11.2014
2023-08-30T12:26:23.7200Z
3 Min

19. September 2014: Die Bundesregierung will Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und Serbien als asylrechtlich „sichere Herkunftsstaaten“ einstufen. Damit könnten Asylanträge von Menschen aus diesen Ländern als „offensichtlich unbegründet“ schneller abgelehnt werden, doch braucht die Bundesregierung dazu im Bundesrat auch Stimmen aus den Reihen der Länder mit grüner Regierungsbeteiligung. Im Bundestag hatten die Grünen die Regierungsvorlage entschieden abgelehnt. Am Ende kommt es zum „Asylkompromiss“ zwischen der Bundesregierung und Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dem einzigen Grünen-Länderchef: Baden-Württemberg stimmt dem Vorhaben der Bundesregierung zu, die im Gegenzug Verbesserungen für Asylbewerber und geduldete Ausländer zusagt.

Bessere Rechtsstellung Vergangene Woche nun befasste sich der Bundestag erstmals mit dem zweiten Teil des Kompromisses, dem schwarz-roten Gesetzentwurf „zur Verbesserung der Rechtsstellung von asylsuchenden und geduldeten Ausländern“ (18/3144). Im Kern geht es dabei „um eine Lockerung der Residenzpflicht und die Ablösung des Sachleistungsprinzips im Asylbewerberleistungsgesetz durch den Vorrang von Geldleistungen für einen Teil der Leistungsberechtigten“, wie Ulla Jelpke (Linke) zu Protokoll gab. Sie verwies zugleich darauf, dass der „ebenfalls versprochene Wegfall der Vorrangprüfung beim Zugang zu Beschäftigung nach den ersten 15 Monaten des Aufenthalts in Deutschland“ bereits per Verordnung umgesetzt sei, während eine Neuregelung zur Entlastung der Länder insbesondere bei der Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und Geduldeten noch ausstehe.

Nach dem Gesetzentwurf der schwarz-roten Regierungskoalition soll die räumliche Beschränkung für Asylbewerber und Geduldete – die sogenannte Residenzpflicht – auf drei Monate nach der Einreise befristet werden. Um eine gerechte Verteilung von Sozialkosten zwischen den Ländern zu gewährleisten, sollen Sozialleistungen lediglich an dem durch eine Wohnsitzauflage festgelegten Wohnort des Betreffenden erbracht werden. Ziehen Betroffene entgegen der Wohnsitzauflage in ein anderes Bundesland, sollen sie dort keine Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz geltend machen können. Ferner soll der nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bislang allgemein geltende Vorrang des Sachleistungsprinzips für die Zeit nach der Erstaufnahme abgeschafft werden.

Für den Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU), stellt der Gesetzentwurf „einen wichtigen Baustein dar, um unser Asylsystem funktionsfähig zu erhalten, um Asylmissbrauch zu bekämpfen und die Möglichkeiten der Teilhabe für Verfolgte zu erhöhen“.

Aus Sicht der CSU-Abgeordneten Andrea Lindholz ist es „richtig, dass wir die Integration in unsere Gesellschaft und in unseren Arbeitsmarkt erleichtern“. Man müsse aber darauf achten, „dass die Verbesserungen auf diejenigen beschränkt bleiben, die tatsächlich asylberechtigt sind“. Das erreiche man nur, wenn aussichtslose Asylanträge „zügig abgeschlossen und die Rückführung konsequent durchgeführt wird“.

Der SPD-Parlamentarier Rüdiger Veit sieht in dem Gesetzentwurf „lebensnahe Verbesserungen für Asylbewerber und Geduldete“ Diese „guten Regelungen“ seien ein „Erfolg, der nicht nur die Handschrift der fordernden grünmitregierten Länder trägt“, sondern auch umsetze, was Sozialdemokraten „seit langem an Verbesserungen im Flüchtlingsbereich gefordert haben“.

»Trippelschritte« Die Linke-Abgeordnete Jelpke kritisierte Ausnahmeregelungen bei der Lockerung der Residenzpflicht als unverhältnismäßig. Auch die Beschränkung des Sachleistungsprinzips sei nur „ein Fortschritt mit angezogener Handbremse“. Der Grünen-Abgeordneten Luise Amtsberg „zeigt der Gesetzentwurf in jeder einzelnen Bestimmung, wie schwer der Bundesregierung der lang überfällige Abschied von Restriktionen und Schikanen fällt“. Insgesamt fielen die Regelungen „engherzig und kleingeistig aus und überaus bürokratisch“. Es seien „kleine Trippelschritte – angeschoben von der Opposition“. Notwendig sei, das Asylbewerberleistungsgesetz vollständig aufzuheben.