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LANGzeitarbeitslose : Nicht umsonst suchen

Opposition und Koalition streiten über die Kosten einer besseren Vermittlung

17.11.2014
2023-08-30T12:26:23.7200Z
3 Min

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte im vergangenen Jahr eine ernüchternde Untersuchung veröffentlicht. Das IAB fragte Betriebe danach, welche Chancen langzeitarbeitslose Bewerber bei der Stellensuche haben und stellte fest, dass nur jeder dritte Betrieb bereit ist, Menschen, die ein Jahr oder länger ohne Arbeit sind, im Einstellungsprozess zu berücksichtigen. 16 Prozent der Betriebe gaben an, arbeitslose Bewerber gar nicht zu berücksichtigen. Für das Einstellungsverhalten spielen aber offenbar Erfahrungen mit Langzeitarbeitslosen eine wichtige Rolle. Betriebe mit solchen Erfahrungen beurteilten die arbeitsrelevanten Eigenschaften Langzeitarbeitsloser deutlich besser als jene ohne entsprechende Erfahrungen.

Vor diesem Hintergrund lässt sich auch das Konzept zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit deuten, das Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) Anfang November der Öffentlichkeit vorstellte. Denn Lohnkostenzuschüsse an Arbeitgeber bei Einstellung von Langzeitarbeitslosen spielen darin eine zentrale Rolle, ebenso wie eine Begleitung Coaching im Job.

Von der Opposition erhielt sie in diesem Punkt jedoch keine Zustimmung. Besonders Die Linke zweifelt am Sinn von Lohnkostenzuschüssen, die sich aus ihrer Sicht noch nie bewährt haben und nur zu Mitnahme-Effekten führen. Kein Wunder also, dass die Fraktion nun mit einem eigenen Fünf-Punkte-Plan zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit in die Offensive ging. Am vergangenen Donnerstag befasste sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Antrag (18/3146). Darin fordert Die Linke unter anderem die Schaffung von 200.000 Stellen für Langzeitarbeitslose in einem öffentlich geförderten Beschäftigungssektor. Außerdem soll die Qualifizierung und Weiterbildung deutlich ausgebaut und die Vermittlung individueller und nachhaltiger gestaltet werden. Dafür müsse der Etat für aktive Arbeitsmarktpolitik von derzeit 3,9 auf 5,5 Milliarden Euro aufgestockt werden, heißt es in dem Antrag.

Die Unionsfraktion warf den Linken vor, wieder einmal nur mehr Geld zu fordern. Matthias Zimmer (CDU) stimmte mit den Linken jedoch insofern überein, als dass auch er eine verbesserte Vermittlungsarbeit der Jobcenter und eine Qualitätssteigerung bei der Aus- und Weiterbildung für dringend nötig hielt. Selbstkritisch gab Zimmer zu Bedenken, dass die Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Jahr 2011 zu sehr auf die schnelle Integration in den ersten Arbeitsmarkt gesetzt habe. Nun müsse man aber erkennen, dass rund 200.000 Menschen aufgrund verschiedener „Vermittlungshemmnisse“ trotz Bemühungen keine Chance auf dem regulären Arbeitsmarkt haben. Es existierten verfestigte Formen von Langzeitarbeitslosigkeit, die nicht von heute auf morgen beseitigt werden könnten. Dafür brauche man Zeit, sagte Zimmer.

Dauerhafte Programme Aus Sicht von Grünen und Linken ist das Problem jedoch nicht nur mit Zeit, sondern vor allem mit Geld zu lösen. Brigitte Pothmer, Arbeitsmarktexpertin der Grünen, sagte: „Unterstützung für Menschen am Rand gibt es nicht zum Nulltarif.“ Pothmer warf der Bundesregierung Scheinheiligkeit vor. Denn bei dem Nahles-Konzept gehe es nicht um zusätzliche Projekte. „Hier wird lediglich ein Programm gegen ein anderes ausgetauscht.“ So ersetze das angekündigte ESF-Bundesprogramm für Menschen ohne Berufsabschluss lediglich ein Vorgängerprogramm der ehemaligen Arbeitsministerin von der Leyen. Auch die angekündigten 1.000 Stellen aus dem auslaufenden Bundesprogramm „Perspektive 50plus“ seien kein Zusatz, sondern fehlten dann wieder bei den Älteren, beklagte Pothmer. „Wir wollen keine Projektitis, sondern ein dauerhaftes Programm für Langzeitarbeitslose. Wir brauchen einen verlässlichen sozialen Arbeitsmarkt“, forderte sie.

Sabine Zimmermann (Die Linke) bezeichnete die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit als eine „zutiefst demokratische Aufgabe“, denn Erwerbslose würden ihr Wahlrecht aus einer Hoffnungslosigkeit heraus kaum noch wahrnehmen. „Die Ankündigungen von Frau Nahles machen mir aber wenig Hoffnung. Sie greifen viel zu kurz“, sagte die Linken-Politikerin. Was nütze ein ESF-Programm für 43.000 Menschen, wenn insgesamt über eine Million Menschen langzeitarbeitslos sind, fragte sie und warf der Bundesregierung vor, auf Schmalspurprogramme zu setzen. „Wenn Sie ernsthaft etwas gegen Langzeitarbeitslosigkeit tun wollen, geht das aber nur mit mehr Geld“, so Zimmermann.

Daniela Kolbe (SPD) betonte, im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik habe es in den vergangenen Jahren tatsächlich starke Kürzungen gegeben. Auch die Instrumentenreform 2011 habe dazu geführt, dass nun nicht genügend Angebote für Langzeitarbeitslose zur Verfügung stünden. Der differenzierte Ansatz von Ministerin Nahles sei „goldrichtig“. Denn er werde dem Umstand gerecht, dass es sich bei den Langzeitarbeitslosen nicht um eine homogene Gruppe handele. Differenzierte Programme für Alleinerziehende oder Menschen ohne Berufsabschluss seien die nötige Antwort darauf. „Diese Regierung lässt diese Menschen nicht allein“, versprach Kolbe.