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Menschenrechte : »Das ist ein Armutszeugnis«

Abgeordnete fordern Staaten auf, mehr Geld für syrische Flüchtlinge bereitzustellen

08.12.2014
2023-08-30T12:26:25.7200Z
3 Min

Am 10. Dezember 1948 verabschiedete die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. In Gedenken daran wird der 10. Dezember seitdem als Internationaler Tag der Menschenrechte begangen. Auch der Bundestag würdigt diesen Termin in jedem Jahr kurz vor Weihnachten, so auch in der vergangenen Woche.

„Die Menschenrechte global durchsetzen“ lautete der Titel der Debatte, in der die Abgeordneten auf verschiedenste Aspekte der Thematik und unterschiedliche Regionen der Welt eingingen. Jedoch bildete die Situation der syrischen Flüchtlinge und die humanitäre Katastrophe im Nahen Osten einen Schwerpunkt. So kritisierten viele Abgeordnete, dass die UN ihre Lebensmittelhilfen für syrische Flüchtlinge aus Geldmangel eingestellt hat.

Nach Ansicht des Vorsitzenden des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Bundestag, Michael Brand (CDU), ist dies ein „Armutszeugnis“. Die Mitglieder des Ausschusses hätten die Bundesregierung deshalb fraktionsübergreifend aufgefordert, sich international dafür einzusetzen, dass „vollmundigen Versprechen“ anderer Regierungen auch Taten folgten (siehe Text rechts). Die internationale Gemeinschaft müsse schnell mehr Geld zur Verfügung stellen, bevor der kalte Winter für eine weitere Verschlechterung der Situation sorge, forderte Brand. Der CDU-Abgeordnete fügte aber auch hinzu, dass Deutschland seinen humanitären Verpflichtungen vorbildlich nachgekommen sei.

Mehr Verantwortung Gabriela Heinrich (SPD) erklärte, es werde immer darüber geredet, dass Deutschland mehr Verantwortung übernehmen müsse: wirtschaftlich, diplomatisch und auch militärisch. Es müsse aber auch mehr Verantwortung für die Menschenrechte übernehmen und sich zum Beispiel stärker für das Recht auf Leben engagieren. Indem Deutschland Flüchtlinge aus Syrien oder anderen, von Bürgerkriegen heimgesuchten Ländern, aufnehme, tue es genau das. Außerdem müsse sich Deutschland weltweit für den besseren Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt einsetzen.

Die Parlamentarier, sagte Heinrich weiter, hätten außerdem die konkrete Gelegenheit, mit gutem Beispiel im Inland voran zu gehen und das Deutsche Institut für Menschenrechte endlich auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen. Ansonsten laufe das Institut Gefahr, den A-Status der UN zu verlieren. Dieser wird nur Organisationen verliehen, welche die 1993 verabschiedeten Pariser Prinzipien erfüllen, also über eine juristische Grundlage, einen klaren Auftrag sowie eine ausreichende Infrastruktur und Finanzierung verfügen. In einem Jahr, in dem Deutschland den Vorsitz des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen übernehme, sei der Verlust des A-Status „peinlich“ und untergrabe die Glaubwürdigkeit Deutschlands, kritisierte Heinrich.

Die Forderung der SPD-Politikerin unterstützte auch der menschenrechtspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Tom Koenigs. Seine Fraktion hatte im September in einem Antrag (18/2618) ebenfalls gefordert, das Institut „gemäß den Pariser Prinzipien auszugestalten“.

Koenigs warnte darüber hinaus vor dem „weltweiten Trend“, den öffentlichen Raum für zivilgesellschaftliche Akteure einzuschränken. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie das Recht auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit werde in vielen Ländern durch staatliche Maßnahmen systematisch ausgehöhlt.

Als Beispiel dafür nannte Koenigs Russland und dessen „Agentengesetz“. Seit dem Jahr 2012 müssten sich dort alle Nichtregierungsorganisationen, die Geld oder andere Zuwendungen aus dem Ausland erhalten, als ausländische Agenten registrieren lassen und sich auch so bezeichnen. „Das empört uns“, sagte Koenigs. Es diskreditiere die Arbeit der Menschenrechtsorganisationen. Weitere Beispiele seien Äthiopien oder Ägypten. So sei 2012 in Ägypten die Konrad-Adenauer-Stiftung geschlossen worden. Koenigs rief dazu auf, das „System der vielen kleinen Steinchen, Steine und Fußfesseln“ zu erkennen und es zu bekämpfen.

Schutz von Parlamentariern Als konkrete Möglichkeit, sich für Menschenrechte einzusetzen, warb Michael Brand für das Programm „Parlamentarier schützen Parlamentarier“, das bedrohte Politiker und Menschenrechtsverteidiger unterstützt. Dank des Programms sei es in diesem Jahr gelungen, eine junge vietnamesische Menschenrechtsaktivistin aus dem Gefängnis zu befreien.

Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Wolfgang Gehrcke, sagte, beim Thema Menschenrechte komme man nicht umhin, auch über eine Veränderung der Verteilungsfragen zu reden. Es könne nicht sein, dass täglich tausende Menschen an Unterernährung sterben würden, obwohl genug Nahrungsmittel produziert werden. Auch den unzureichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser bzeichnete er als „skandalös“. Privatisierungen der Wasserversorgung seien „Verbrechen“, urteilte Gehrcke. Deutschland brauche außerdem nicht über Menschenrechtspolitik reden, wenn es nicht gerade im Hinblick auf Syrien seine Flüchtlingspolitik ändere.