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Parlamentarisches Profil : Der Digitalexperte: Lars Klingbeil

15.06.2015
2023-08-30T12:28:04.7200Z
3 Min

I n der SPD grummelt es erheblich gegen das Koalitions-Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Einer der Anführer der Kritik ist der niedersächsische Abgeordnete Lars Klingbeil. "Für mich gibt es keine gute oder schlechte Vorratsdatenspeicherung", sagt der Digitalexperte der SPD-Bundestagsfraktion. "Ich bin grundsätzlich dagegen, dass der Staat dafür sorgt, dass Daten von Bürgern verdachtsunabhängig und flächendeckend gespeichert werden sollen."

Seinem Parteifreund, Bundesjustizminister Heiko Maas, bescheinigt Klingbeil, der Union hier "viel abverhandelt" zu haben, etwa die kürzeren Speicherfristen für die Kommunikations- und Standortdaten. Aber auch der Umstand, dass laut Gesetz die Abfrage von Angaben bei Telefonie und Internet erst durch Richterbescheid möglich sein soll, befriedigt ihn nicht. "Es kommt nicht darauf an, wann Daten abgerufen werden, sondern dass überhaupt Bürgerdaten bei Kommunikationsunternehmen über das, was bisher zur Abrechnung bewahrt wird, hinaus abgespeichert werden sollen." Hiermit sei stets auch die Gefahr eines Missbrauchs verbunden, sagt Klingbeil.

Was ist, wenn es einmal in Deutschland Terroranschläge mit vielen Toten wie in London oder Madrid geben sollte? Werden dann Bedenken wie die von Klingbeil nicht von einer großen Sicherheitsagenda im Land weggewischt? "Ich sage nicht, dass Sicherheit unwichtig ist", wehrt sich der SPD-Abgeordnete. "Es muss aber effektive Maßnahmen für die Sicherheit geben, keine symbolische Maßnahmen." Der Abgeordnete erinnert an den islamistischen Anschlag auf die Pariser Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo im Januar. Die drei Attentäter seien den Sicherheitsbehörden bekannt gewesen, es habe aber an ermittelnden Personen und technischer Ausrüstung gefehlt. Expertisen der Max-Planck-Gesellschaft Freiburg und des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hätten gezeigt, dass das alte, vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärte Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung "keine gesteigerte Aufklärungsquote" gebracht habe.

Am 20. Juni kommt es im SPD-Parteikonvent, dem Kleinen Parteitag, in Berlin zum Showdown bei der Vorratsdatenspeicherung. Rund 100 Gliederungen der Partei haben Anträge eingereicht, in denen das Koalitionsgesetz abgelehnt wird. Kann es dort für Parteichef Sigmar Gabriel, der den widerstrebenden Justizminister Maas dazu gebracht hatte, die Vorratsdatenspeicherung auf den Weg zu bringen, eine Niederlage geben? "Wir haben mit dem Konvent jetzt eine Veranstaltung, wo man sich in der SPD mit dem Gesetz breit auseinandersetzen kann", sagt Klingbeil. "Ich hoffe, dass die Partei eine kritische Haltung zur Vorratsdatenspeicherung einnimmt und dies Auswirkungen auf das Gesetz hat." Der am Freitag eingebrachte Entwurf soll im September endgültig verabschiedet werden.

Lars Klingbeil gehört mit seinen 37 Jahren zu den jüngeren Gesichtern der SPD-Fraktion. Der gebürtige Soltauer, der seit langem in Munster in der Lüneburger Heide lebt, gehörte dem Bundestag schon 2005 für einige Monate als Nachrücker an. "Richtig" sitzt er im Parlament erst seit dem Jahr 2009. Zwei Schwerpunkte bestimmen seither die Arbeit des Sozialwissenschaftlers mit Magisterabschluss: Verteidigung und Digitales. Klingbeil sitzt seit sechs Jahren im Verteidigungsausschuss und war in der vergangenen Legislaturperiode SPD-Fraktionssprecher in der Enquetekommission Internet und digitale Agenda sowie im Unterausschuss Neue Medien. In dieser Legislaturperiode ist er sozialdemokratischer Sprecher im neuen Ausschuss für Digitale Agenda.

Seit einigen Amerika-Aufenthalten während seines Studiums hat Klingbeil ein großes Faible für die USA. In Washington schrieb er seine Abschlussarbeit und am Tag der Flugzeuganschläge am 11. September 2001 war er als Praktikant der Friedrich-Ebert-Stiftung in New York. "Das hat mich tief geprägt", sagt er. Dadurch wurde auch sein Interesse an Außen- und Sicherheitspolitik gestärkt.

Ursprünglich wollte Lars Klingbeil in den Journalismus oder die Politikberatung gehen, "aber dann kam das Angebot, Abgeordneter zu werden". Heute ist er das digitale Gesicht der SPD und antwortet auf die Frage nach weiteren Politikstationen: "Ich konzentriere mich auf das, was gerade meine Aufgabe ist." Was bleibt an Hobbys? Fußballschauen für den Bayern-München-Fan, Joggen und Gitarre für den früheren Mitspieler in einer Rockband.