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EDATHY-AFFÄRE II : »Das BKA hat professionell gearbeitet«

Interview mit der Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses Eva Högl (SPD)

22.06.2015
2023-08-30T12:28:04.7200Z
3 Min

Frau Högl, die Aufklärungsergebnisse des Ausschusses sind bisher eher dünn. Waren die Erwartungen zu hoch?

Wir hatten uns mehr erhofft, ja. Wahrscheinlich werden wir diese Frage nicht beantworten können. Untersuchungsausschüsse sind auch immer für Überraschungen gut. Wir waren ja auch überrascht von den Einlassungen, die Herr Edathy der Öffentlichkeit präsentiert hat. Außerdem ahnte zum Zeitpunkt der Einsetzung des Ausschusses niemand, wie breit die Information über den Verdacht gegen Edathy gestreut war.

Haben Sie befriedigende Auskünfte bekommen, warum das Verfahren im Fall Edathy so lange dauerte und so viele Personen involviert waren?

Verfahren wegen Kinderpornografie, bei denen die betroffenen Kinder noch unmittelbar den Tätern ausgesetzt sind, werden immer prioritär bearbeitet. Vorliegend ging es jedoch nicht um einen solchen Fall. Vielmehr hatte das Bundeskriminalamt aus Kanada recht altes Film- und Fotomaterial eines Kinderporno-Vertreibers und eine Liste mit dessen deutschen Kunden erhalten. Beides wurde zunächst mit beeindruckender Gründlichkeit aufbereitet. Die Zuordnung von Bestellungen zu Personen war dabei der letzte Schritt. Deshalb fiel der Name Edathy im BKA erst recht spät auf. Wir haben herausgearbeitet, dass die Staatsanwaltschaft zunächst zusätzlich Vergleichsfälle ausgewertet hat. Erst danach kam sie zu dem Entschluss, Ermittlungen gegen den damaligen Abgeordneten Edathy einzuleiten und seine Wohnungen und Büros zu durchsuchen. Hier hätte möglicherweise schneller gehandelt werden können, doch das muss vom zuständigen Land Niedersachsen beurteilt werden.

Eine wesentliche Rolle im Untersuchungsauftrag spielt die Frage, ob die staatlichen Mittel im Kampf gegen Kinder- und Jugendpornografie sinnvoll eingesetzt werden.

Unser Auftrag war, konkret den Gang und die Gründe für die Dauer der sogenannten Operation Selm des Bundeskriminalamts aufzuklären und gegebenenfalls organisatorische oder rechtliche Änderungen vorzuschlagen, um eine schnellstmögliche Bearbeitung von Verfahren im Bereich des Besitzes und Erwerbs von Kinder- und Jugendpornografie zu gewährleisten. Wir haben bei den Befragungen der Beamten aus dem BKA und auch der zuständigen Staatsanwälte gesehen, wie mühsam die Verfolgung von Straftaten im Zusammenhang mit dem Besitz von kinderpornografischem Material ist und dass die Prioritäten bei den Ermittlungen im BKA verantwortlich gesetzt werden. Die Operation Selm wurde im BKA professionell, strukturiert und nachvollziehbar bearbeitet. Ein grundsätzliches Problem bei der Bearbeitung von sogenannten Umfangverfahren haben wir nicht feststellen können. Allenfalls wäre eine weitere personelle Aufstockung im BKA zu empfehlen, um den Anstieg der Arbeitslast durch die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet aufzufangen.

Der Bundestags-Untersuchungsausschuss muss nun nach der Sommerpause zu einem Abschlussbericht kommen. Erwarten Sie darüber noch größere Auseinandersetzungen zwischen den Fraktionen?

Wir werden sicher hinsichtlich der Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen zu unterschiedlichen Bewertungen kommen. Trotzdem bin ich zuversichtlich, dass wir in den zentralen Fragen zu klaren gemeinsamen Aussagen kommen werden: Wir haben keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass die SPD-Spitze Sebastian Edathy gewarnt hat. Wir haben klar herausgearbeitet, dass der Kreis potenzieller Mitwisser in Niedersachsen und anderswo sehr groß war. Und wir haben festgestellt, dass die Strafverfolgungsbehörden im Großen und Ganzen professionell mit den Ermittlungen umgegangen sind.

Das Interview führte Peter Stützle