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finanzen : Die Niedrigzinspolitik wird zum Problem

Aktionäre machen weiter dicke Gewinne

04.01.2016
2023-11-08T12:41:10.3600Z
3 Min

Der Aufwärtstrend der europäischen Finanzmärkte im ablaufenden Jahr war stark getrieben von der expansiven Geldpolitik. Europas Aktienleitindex Eurostoxx50 legte von Januar bis April um fast 25 Prozent zu. Hauptgrund war das große Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Für 60 Milliarden Euro kauft sie nun Monat für Monat Papiere, vor allem Staatsanleihen. Trotz Verlusten steht am Jahresende der Eurostoxx50 aber noch neun Prozent höher als im Januar.

Der deutsche Aktienindex Dax hat 2015 wie der Eurostoxx50 eine Berg- und Talfahrt durchgemacht. Mit rund 10.770 Punkten lag er Ende Dezember elf Prozent über dem Jahresanfangsstand. Verglichen mit dem Tiefstand 2009, mitten in der globalen Rezession, hat der Dax seinen Wert aber gut verdreifacht - getragen auch von der Geldschwemme der Notenbanken.

Bundesbank erfolglos Auch 2016 wird die Geldpolitik die Finanzmärkte in ihrem Bann halten und die Kurse möglicherweise treiben. Anfang Dezember hatte die EZB eine weitere Ausweitung ihrer Anleihekäufe beschlossen durch eine Verlängerung des umstrittenen Programms um sechs Monate. Das Volumen der Käufe bis Frühjahr 2017 steigt damit von 1,14 auf 1,5 Billionen Euro. Bundesbankpräsident Jens Weidmann war gegen das Kaufprogramm und die Ausweitung. Doch konnte er - wieder einmal - EZB-Chef Mario Draghi nicht von seinem Kurs abhalten. Mit diesem soll die Inflation Richtung zwei Prozent gehoben werden. Derzeit liegt sie nur knapp über null. Draghi will die Geldschleusen weit offen halten, um die Inflation anzuheizen.

Im Unterschied zur EZB hat die US-Notenbank Federal Reserve jüngst eine Zinswende eingeleitet. Nach sieben Jahren mit Nullzins hat sie den Leitzins um einen Viertelprozentpunkt angehoben. Der Arbeitsmarkt habe sich ausreichend erholt und die Kerninflationsrate steige in Richtung zwei Prozent, erklärte Fed-Chefin Janet Yellen. 2016 werden vielleicht zwei, drei oder vier weitere Zinsschritte folgen, erwarten Ökonomen. Zwischen Europa und Amerika kündigen sich damit gravierende Verschiebungen an. Hält die EZB die Geldpolitik locker, während die Fed strafft, sollte der Euro-Wechselkurs gegenüber dem Dollar abwerten. Einige Banken hatten schon kurzfristig damit gerechnet, dass der Euro unter einen Dollar sinken könnte. Nachdem Draghi die Anleihekäufe nicht so stark wie von vielen Börsianern erhofft ausgeweitet hat, ist der Abwärtstrend zunächst gestoppt worden. Trotzdem bleibt der Euro tendenziell unter Druck.

Deka-Bank-Chefvolkswirt Ulrich Kater sieht bis Ende 2016 die Euro-Dollar-Parität kommen. Einige andere Banken haben einen viel weitergehenden Euro-Absturz prognostiziert. Robin Brooks, Chef-Währungsstratege von Goldman Sachs, rechnete mit einem Sinkflug sogar bis auf 0,80 Dollar bis Ende 2017. Die Deutsche Bank erwartet ebenfalls eine lange Schwächephase: Sie sieht den Euro mittelfristig bei 0,85 Dollar. Ein sinkender Euro-Kurs brächte einen Schub für den Export. Andererseits bedeutet er, dass die Euro-Vermögen weniger wert sind.

Durch die Niedrigzinspolitik bleiben auch die Banken unter Druck. Es gebe zunehmende Risiken für die Finanzstabilität, wenn die Zinsen so lange so ungewöhnlich niedrig bleiben, warnt die Bundesbank. Denn die niedrigen Zinsen treiben die Anleger in riskante Anlagen. Ein kritisches Auge hat die Bundesbank auch auf die Entwicklung der deutschen Immobilienmärkte geworfen. Ihr Befund: In einigen attraktiven Großstädten erscheinen die stark gestiegenen Wohnungspreise um etwa 15 Prozent überbewertet. Eine Blase sei das aber noch nicht, sagt Bundesbank-Vize Claudia Buch. Denn die meisten Häuserkäufer nehmen keine übermäßigen Kredite auf.

In Europa sind die Bankbilanzen durch die EZB durchleuchtet worden. Viele Banken mussten ihre Kapitaldecken zur Absicherung gegen eventuelle Verluste verstärken. In Griechenland haben die vier Großbanken jüngst nochmals neue Kapitalspritzen benötigt. Damit seien nun alle ausreichend kapitalisiert, sagt die EZB. Andere Analysten bleiben skeptisch. In Südeuropa gebe es noch immer viele Probleme in den Banken durch faule Kredite, heißt es von der Ratingagentur S & P. So bleibt auch das Vorhaben der EU-Kommission zur Einrichtung einer vergemeinschafteten Einlagensicherung von 2020 an besonders in Deutschland umstritten. Sparkassen und Genossenschaftsbanken fürchten, dass ihre relativ gut gefüllten Sicherungstöpfe dazu verwendet werden, um Bankenpleiten in Krisenländern abzufedern.

Unsicher bleibt auch, ob 2016 wie geplant die Finanztransaktionssteuer kommt, die von etlichen EU-Ländern gefordert, von anderen aber - vor allem den Briten mit dem Finanzzentrum London - abgelehnt wird. Mitte Dezember verkündeten einige Staaten abermals einen "Durchbruch": EU-Kommissar Pierre Moscovici sagte, bis zur Einigung seien es nur noch "einige Zentimeter". Zehn EU-Finanzminister, allen voran der deutsche und der französische, wollen das Projekt weiter verfolgen. Das heißt aber, dass 18 EU-Länder nicht dabei wären. Offen ist noch die Höhe einer möglichen Steuer. Umstritten ist auch, welche Finanzprodukte der Steuer unterworfen werden sollen..