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flüchtlinge I : Tod auf dem Mittelmeer

Opposition will legale Einwanderung

27.06.2016
2023-08-30T12:30:03.7200Z
3 Min

Das Schicksal der tausenden Flüchtlinge, die in oft nicht seetauglichen Schiffen den Weg über das Mittelmeer wagen, um ihren Traum von einem besseren Leben in Europa zu verwirklichen, lässt niemanden kalt - auch nicht die Abgeordneten des Bundestags. Wie aber künftig ein das Sterben auf hoher See verhindert werden soll, wurde in der vergangenen Woche bei der Debatte zu mehreren Oppositionsanträgen (18/8875, 18/4838, 18/8244, 18/8701) unterschiedlich beurteilt.

Aus Sicht der Opposition müssen mehr Möglichkeiten der legalen Einwanderung nach Europa geschaffen werden. Die Familienzusammenführung müsse gestärkt und nicht abgebaut werden, forderte Luise Amtsberg (Grüne). Transportunternehmen dürften nicht länger sanktioniert werden, wenn sie Flüchtlinge ohne gültige Visa nach Europa bringen, verlangte Ulla Jelpke (Die Linke). Die Unionsfraktion setzt hingegen eher auf eine Bekämpfung der Schleuser, wie Barbara Woltmann (CDU) sagte. Deren Tun sei menschenverachtend, urteilte sie. Lars Castellucci (SPD) warnte davor, sich mit toten Kindern im Mittelmeer abzufinden. "Es darf nicht passieren, dass wir abstumpfen."

Keine Hotspots Das Resettlement-Programm müsse ausgebaut und ein wirkliches Seenotrettungsprogramm aufgelegt werden, sagte Amtsberg. Außerdem müssten europäische Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen werden, "keine Hotspots". Dort sollten die Menschen nach ihren Zielstaatsvorstellungen gefragt werden und über ihre familiären Bindungen in andere europäische Länder berichten können, sagte die Grünen-Abgeordnete. Diesen Wünschen sollte versucht werden, Rechnung zu tragen. "Wir müssen aber auf der anderen Seite auch für eine solidarische Verteilung innerhalb der EU streiten", fügte sie hinzu. Kritik äußerte Amtsberg am EU-Türkei-Abkommen. Dieses schaffe nur neue Probleme.

Woltmann sah das anders. "Das Abkommen mit der Türkei zeigt Wirkung", sagte die CDU-Abgeordnete. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex habe bestätigt, dass der Zuzug über das östliche Mittelmeer stark abgenommen habe. Priorität müsse die Bekämpfung der Schlepper- und Schleuserbanden haben. Dabei handle es sich um "organisierte Kriminalität mit mafiösen Strukturen". Woltmann räumte ein, dass man in der Frage, wie das Sterben von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer beendet werden soll, unterschiedlicher Ansicht sein kann. Von einem Krieg gegen Flüchtlinge zu sprechen, wie es die Linke tue, sei aber "hochnotpeinlich", kritisierte Woltmann.

Jelpke blieb gleichwohl bei ihrer Auffassung. Wenn man mit militärischen Mittel verhindern möchte, dass sich Flüchtlinge von der lybischen Küste aus auf den Weg nach Europa machen, wie es Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gesagt habe, sei das "Krieg und nichts anderes", sagte die Linken-Abgeordnete. Den Koalitionspolitikern warf sie angesichts der Toten im Mittelmeer vor "Krokodilstränen" zu vergießen. "Ich sage hier in aller Deutlichkeit: Die Bundesregierung ist mitschuldig daran, weil sie sich weigert, sichere und legale Fluchtwege zu schaffen." Richtig wäre es doch, wenn Flüchtlinge mit dem Flugzeug kommen könnten, befand Jelpke. Dem stünden aber "drakonische Strafen" für Fluggesellschaften entgegen, die sie zahlen müssten, wenn sie Schutzsuchende ohne gültige Visa befördern. Würde dies geändert, könnten Schleuser arbeitslos gemacht werden und es könne zudem verhindert werden, "dass es noch mehr Tote auf dem Mittelmeer gibt", betonte Jelpke.

Massensterben Ein Europa, das ein Massensterben an seinen Grenzen zulässt, ist sinnlos, sagte SPD-Mann Castellucci. Es sei nicht so, dass keine Maßnahmen ergriffen würden. Es gebe eine Militärmission, die auch den Auftrag der Seenotrettung habe. Außerdem gebe es das Abkommen mit der Türkei, "dass in der Umsetzung immer noch eine Katastrophe ist", aber dennoch einen Beitrag leisten könne, "den Schleppern das Handwerk zu legen". Aber: "Es reicht nicht", urteilte der SPD-Abgeordnete. Benötigt werde zum einen eine bessere Koordination der Rettungsmaßnahmen. "Vor allem aber brauchen wir bessere Einwanderungsregeln in Deutschland aber auch in Europa."