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FAMILIE : Therapiepläne für den Hamster im Rad

Grüne fordern Weiterentwicklung von Eltern- und Pflegezeiten

11.07.2016
2023-08-30T12:30:04.7200Z
2 Min

Die Diagnose fiel verheerend aus: "Burn-Out an der Uni ist ein Alltagsphänomen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fehlen immer häufiger aufgrund psychischer Erkrankungen", stellte Katja Dörner, Familienpolitikerin von Bündnis 90/Die Grünen am vergangenen Donnerstag im Bundestag fest. Die Zahl der Fehltage habe sich innerhalb von zehn Jahren verdoppelt und annähernd jede zweite Frühverrentung sei durch psychische Erkrankungen verursacht. Für Dörner sind dies klare Zeichen dafür, dass "unserer gehetzten Gesellschaft die Puste ausgeht".

Die Grünen wollen Deutschland deshalb eine dreiteilige Therapie verschreiben, damit seine Bürger den Spagat zwischen Arbeitswelt und Familienleben besser bewerkstelligen können. In einem Antrag (18/9007) fordern sie, dass das Elterngeld und das ElterngeldPlus zu einer "KinderZeit Plus" zusammengeführt wird. Diese soll bis zu 24 Monate dauern, von denen jedem Elternteil mindestens acht Monate zustehen. Ebenso sollen die Pflege- und die Familienpflegezeit in einer "PflegeZeit Plus" einschließlich einer Lohnfortzahlung analog zum Elterngeld zusammengeführt werden. Bis zu drei Monate soll sie pro pflegebedürftiger Person betragen und nicht nur von Familienangehörigen, sondern auch von Freunden und Nachbarn beantragt werden können. Der dritte Punkt auf dem Rezeptblock der Grünen ist eine "BildungsZeit Plus", um die Vereinbarkeit von Beruf und Weiterbildung zu verbessern. Gewährt werden soll sie für alle zertifizierten Weiterbildungen, die zu einem Abschluss führen. Während dieser Zeit soll ein Mix aus staatlichem Darlehen und Zuschuss bewilligt werden.

Betreuungsinfrastruktur Die Koalitionsfraktionen waren in der Debatte zwar durchaus bereit, der gestellten Diagnose zu folgen, bescheinigten den Grünen allerdings, dass sich der Patient längst in einer erfolgversprechenden Behandlung befinde. So habe die Koalition in dieser Legislaturperiode das ElterngeldPlus mit Partnerschaftsbonus und flexibler Elternzeit sowie die Familienpflegezeit geschaffen, sagte die CDU-Parlamentarierin Bettina Hornhues. Zudem hätten Bund und Länder in den letzten Jahren viel Geld in den Kita-Ausbau gesteckt. Eine gute Betreuungsinfrastruktur entlaste die Familien am stärksten. Nachholbedarf bestehe allerdings bei der Betreuung von Grundschülern. "Aber leider passiert in den rot-grün geführten Bundesländern bisher auf diesem Feld viel zu wenig", attestierte Hornhues.

Auch Fritz Felgentreu (SPD) verwies auf die Familienpflegezeit, den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz und das ElterngeldPlus. Es sei ein "sensationeller Erfolg", dass dies im ersten Quartal des Jahres schon fast 20 Prozent der Eltern beantragt hätten.

Für Cornelia Möhring von der Linksfraktion sind diese Behandlungsmethoden jedoch nicht ausreichend. Vielmehr müsse die Arbeit zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen gerechter verteilt werden. "Während die einen im Hamsterrad rotieren, wird ein anderer Teil in der Gesellschaft von der Arbeitswelt ausgegrenzt", sagte sie. Möhring forderte eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung und den "massiven Ausbau" der sozialen Infrastruktur in der Ganztagsbetreuung und der Pflege.

Doch gleich, auf welche Therapie sich der Gesetzgeber einigen wird, in dieser Legislaturperiode ist damit nicht mehr zu rechnen, stellte Felgentreu klar. Bis zur Bundestagswahl 2017 müsse darüber aber gestritten werden.