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Parlamentarisches Profil : Der Kaufmann: Bartholomäus Kalb

12.09.2016
2023-08-30T12:30:07.7200Z
3 Min

Bartholomäus Kalb tritt gegen Euphorie auf die Bremse. "Eine Steuerreform muss es geben, realistischerweise wird das aber erst in der nächsten Legislaturperiode möglich sein", sagt der CSU-Abgeordnete. Der Niederbayer kennt die Rekord-Steuereinnahmen des Staates, allein im ersten Halbjahr 2016 gab es einen Überschuss von 18,5 Milliarden Euro. Aber massive Steuersenkung sofort, wie manche es fordern, gehe nicht, meint Kalb. Die Länder müssten einbezogen werden, weil das Gesetz zustimmungspflichtig sei. Auch erfordere ein Steuer-Gesamtkonzept umfangreiche Vorarbeiten - kaum machbar im Vorwahlkampf. Bartholomäus Kalb ist vor allem gegen die steil ansteigende Steuerprogression. "Der Mittelstandsbauch muss reduziert werden. Die jungen Leistungsträger sollen entlastet werden."

Wenn das wirklich nach 2017 passieren sollte, wird Bartholomäus Kalb nicht mehr im Bundestag sitzen - nach drei Jahrzehnten Parlamentszugehörigkeit und als dienstältester Angehöriger im wichtigen Haushaltsausschuss. Er will nicht mehr fürs Parlament kandidieren. "Ich bin jetzt 67 geworden und werde im nächsten Jahr 68. Man muss seine Grenzen kennen. Ich bin froh, darüber selbst entscheiden zu können."

Bis zum Ausscheiden will sich der Haushälter aber noch ins Zeug legen für die Finanzpolitik der Koalition. Voll des Lobs ist Kalb für Wolfgang Schäubles "Schwarze Null", auch wenn die Opposition darin einen "Fetisch" sieht. "Wir machen 2017 zum vierten Mal hintereinander keine neuen Schulden. Das ist sehr wichtig für künftige Generationen." Und alles ohne Steuererhöhungen. Gewiss habe die "Null-Zins-Politik" der Europäischen Zentralbank ihren Anteil an den guten Etatzahlen, räumt Kalb ein, "aber auf sie darf man sich nicht verlassen".

Wird im Land zu wenig investiert, wie die Opposition kritisiert? Nein, sagt Kalb. "Allein die Investitionen für Verkehr steigen 2017 um eine halbe Milliarde auf 12,8 Milliarden Euro", sagt er. Die Ausgaben seien seit Beginn der Legislaturperiode um 25 Prozent gestiegen. Auch im Breitbandausbau habe die Koalition Entscheidendes geleistet.

Die Flüchtlingskosten sind bei den Finanzen noch eine unklare Größe, von Schäuble 2017 auf 19 Milliarden Euro taxiert. Der Zuzug habe sich in diesem Jahr erheblich reduziert, sagt Kalb: "Wir müssen politisch alles dafür tun, dass sich ein Jahr 2015 nicht wiederholt." Nach der Grenzöffnung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) strömten eine Million Asylbewerber nach Deutschland, ein Ereignis, das das Land nach lange beschäftigen und die Finanzen strapazieren wird. Apropos Merkel: Wird sie nach der Serie von CDU-Wahlniederlagen 2017 noch einmal als Spitzenkandidatin für die Union antreten? Kalb: "Ich gehe davon aus, dass Merkel auch 2017 als Spitzenkandidatin antritt." Er äußert sich nicht dazu, ob ihm dies passt, nachdem sich die CSU demonstrativ noch auf niemanden festgelegt hat, schon gar nicht auf die amtierende Kanzlerin:

Bartholomäus Kalb ist Haushälter durch und durch. Schon als bayerischer Landtagsabgeordneter (1978-1986) gehörte der gelernte Kaufmann dem Haushaltsausschuss an. Und im "Königsausschuss" des Bundestags sitzt Kalb seit Ende 1988, ein Jahr nach seinem Parlamentseinzug. Derzeit ist er Ausschussvize und führt die CSU-Haushälter im Bundestag. In den drei Jahrzehnten Bundestag hat er spannende Zeiten in der Finanzpolitik erlebt - die deutsche Einheit nach 1990, schwierige Jahre nach 2002 oder die Finanzmarktkrise 2008. "Solidität und Stabilität" sei für ihn stets Richtschnur im Ausschuss gewesen, bekennt Kalb. Immer habe es gegolten, Fachpolitiker aller Parteien abzuwehren, die genau wussten, warum es gerade bei ihnen mehr Geld geben müsse.

Aus seinen ersten Berufsjahren als Industriekaufmann in einer mittelständischen Firma habe er viel für die Ausschussarbeit gelernt. Zuvor hatte er eine landwirtschaftliche Ausbildung absolviert, um den elterlichen Hof weiterzuführen. Die Verwurzelung in der Region zwischen Landshut und Passau war für Kalb auch Grund, seiner niederbayerischen Heimat immer treu zu bleiben. Seit 1987 ist er direkt gewählter Abgeordneter für den Wahlkreis Deggendorf, eine feste CSU-Bastion.

Was bleibt dem bescheiden auftretenden Kalb, dessen Dialekt ein Markenzeichen ist und dessen Vorname daheim zu einem "Barthl" wird, als Hobbys? Gartenarbeit, sagt der verheiratete Vater zweier Kinder. Die vielen Obstbäume im heimischen Garten in Künzing pflegen, schneiden, veredeln, dabei ist Bartholomäus Kalb ganz entspannt und weit weg von der Berliner Haushaltspolitik.