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recht : Sorgenkind Mieten

Die Mietpreisentwicklung bringt viele Bürger an den Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten. Die Politik will nun gegensteuern.

04.10.2016
2023-08-30T12:30:08.7200Z
3 Min

In vielen Großstädten und Ballungsräumen, aber auch in kleineren Universitätsstädten wird es immer schwerer, eine für Normalverdiener bezahlbare Mietwohnung zu finden. Während es bei Bestandsmieten schon lange gesetzliche Grenzen für Mieterhöhungen gibt, war das bei der Neuvermietung bis vor Kurzem nicht der Fall. Seit Juni 2015 gibt nun die sogenannte Mietpreisbremse den Ländern die Möglichkeit, in Gebieten mit angespanntem Mietwohnungsmarkt bestimmte Grenzen auch bei der Neuvermietung zu setzen. Allerdings häufen sich die Berichte, dass viele Vermieter gegen die Mietpreisbremse verstoßen oder Ausnahmeregeln nutzen. So gilt bei möblierten Wohnungen keine Mietpreisbremse. Schon wenige Monate nach Inkrafttreten der Novelle hatten Berichte über ihre schwache Wirkung Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) veranlasst, eine zweite Mietrechtsnovelle erarbeiten zu lassen. Dieser Referentenentwurf wird allerdings seither wegen Bedenken des Koalitionspartners im Kanzleramt zurückgehalten.

Zu viele Ausnahmen Mit Anträgen, diese Novelle vorzulegen und die Mietpreisbremse zu schärfen, machte Die Linke dies nun vergangene Woche bereits zum zweiten Mal zum Thema im Bundestag. Es gebe bei der Mietpreisbremse zu viele Ausnahmen, sagte Caren Lay (Linke), und es fehlten "empfindliche Sanktionen" gegen Vermieter, die gegen die Vorschriften verstoßen. Aber, klagte Lay, "die zweite Mietrechtsnovelle dümpelt im Kabinett seit einem Dreivierteljahr vor sich hin". Scharf kritisierte Lay auch die Modernisierungsumlage, mit der die Kosten einer Erhöhung des Wohnstandards auf die Mieter umgelegt werden können. Man solle sie abschaffen oder wenigstens absenken. Der Unionsfraktion warf Lay eine "Politik für Kapitalanleger" vor und appellierte an die SPD-Fraktion: "Warten Sie nicht mehr auf den Koalitionspartner", sonst "wird es nichts mehr in dieser Legislaturperiode".

Zu wenige Wohnungen Der CDU-Abgeordnete Jan-Marco Luczak entgegnete, es bestehe "große Einigung im Ziel, dass wir mehr bezahlbaren Wohnraum brauchen". Was die Linke vorlege, seien jedoch "populistische Forderungen". Tatsächlich gehe es um komplexe Aufgaben, zu denen unter anderem auch die energetische Sanierung und der altersgerechte Umbau gehörten. "Welche Maßnahmen zielführend sind, diskutieren wir gerade in der Koalition."

Neben den von der Opposition angeführten Studien zur Wirkung der Mietpreisbremse gebe es auch solche, die zu anderen Ergebnissen kämen, sagte Luczak. Deshalb sei es richtig, dass das Bundesjustizministerium eine eigene Studie in Auftrag gegeben habe.

Luczak machte aber auch deutlich, dass es "mit uns" keine Streichung der Ausnahmen von der Mietpreisbremse geben werde, "weil wir nicht wollen, dass sie zur Investitionsbremse wird". Denn Kern des Problems sei, dass es "zu wenig Wohnungen in diesem Land" gibt, und deshalb müsse man "bauen, bauen, bauen, und zwar schnell".

Dazu müsse die Politik "alles tun, um das Investitionsklima zu verbessern". Ein Weg sei die steuerliche Förderung des Mietwohnungsbaus, aber der sei "auf den letzten Metern an der SPD gescheitert".

Wegen des Populismus-Vorwurfs hielt die SPD-Abgeordnete Cansel Kiziltepe Luczak vor: "Der einzige Populist und Gauner sind Sie!" Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) forderte Kiziltepe daraufhin auf, sich einer "parlamentarischen Wortwahl" zu bedienen. Mit einer solchen warb der Parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Ulrich Kelber (SPD), für Nachbesserungen bei der Mietpreisbremse sowie für eine "Kappungsgrenze für Verdrängungs-Modernisierungen". Aus dem öffentlich gewordenen Referentenentwurf seines Hauses könne "jeder sehen, mit welcher Position wir innerhalb der Koalition werben", sagte Kelber. Er sei sich sicher, sagte er mit Blick auf den Koalitionspartner Union, "wir werden Sie auch beim Mietrechtspaket noch überzeugen können".

Spekulanten Zur Debatte stand auch ein Antrag der Linken zum Dragoner-Areal in Berlin-Kreuzberg. Dieses hatte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) vor einem Jahr an einen Finanzinvestor verkauft, der aber bisher keinen Wohnungsbau in Angriff genommen hat. Die Linksfraktion fordert deshalb die Rückabwicklung des Geschäfts und den preisgünstigen Verkauf an das Land Berlin.

Christian Kühn (Grüne) beklagte die Spekulation auf dem Wohnungsmarkt. An Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gerichtet, dem die BImA untersteht, sagte er: "Einer der größten Spekulanten sitzt hier auf der Regierungsbank." Denn Schäuble beharre darauf, dass die BImA ihre Wohnungen und Grundstücke zu Höchstpreisen verkaufe. Dem hielt Hans Michelbach (CSU) entgegen, die BImA sei "verpflichtet, Bundesliegenschaften zum vollen Wert zu veräußern". Schäuble sei "allein gültigen Gesetzen verpflichtet". Gesetze könne man aber auch ändern, entgegnete Gesine Lötzsch (Linke), da könne sich "kein Abgeordneter herausreden".

In namentlicher Abstimmung lehnte der Bundestag schließlich zwei Anträge der Linken zur Mietpreisbremse (18/8863, 18/9696) und zur BImA (18/4419, 18/6686) ab. Zwei neue Anträge der Linken zur Mietpreisbremse (18/9123) und zum Dragoner-Areal (18/9790) wurden an die Ausschüsse überwiesen.