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Kurz notiert

03.04.2017
2023-08-30T12:32:19.7200Z
2 Min

Im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise gerieten Deutschlands Medien und Journalisten unter Druck: Sie würden Probleme beschönigen wenn nicht sogar verschweigen, lautete der Vorwurf nicht nur auf den Demonstrationen der Pegida in Dresden und anderen deutschen Städten. Diesen Vorwurf kann die Berlinerin Jasna Zajcek getrost zurückweisen. Mit ihrem Buch "Kaltland" beweist sie, wie gute journalistische Arbeit aussehen kann - aus eigener Anschauung. Über mehrere Monate gab sie selbst in der Region Bautzen Deutschkurse für Syrer in einem Flüchtlingsheim.

Die Journalistin ist eigentlich prädestiniert für diese Aufgabe: Sie spricht Arabisch, hat Islamwissenschaften studiert, lebte mehrere Jahre in Damaskus und berichtet seit mehr als zehn Jahren aus den Ländern des Nahen Ostens. Sie kennt die Menschen in dieser Region. Und doch führt sie ihre Aufgabe an Grenzen. Unverblümt beschreibt sie unfreiwillig komische Situationen: "Viele der Männer betreten den Klassenraum ungeduscht, unrasiert, in Badelatschen und knickelangen Boxershorts, fast so, als wären sie im Urlaub, in einem pan-arabischen Hotel in sächsischer Winterfrische." Umgekehrt schildert sie ihre Erfahrungen und Begegnungen mit den aufgebrachten Bürgern in der Region, die ihrer Wut und Fremdenfeindlichkeit freien Lauf lassen: "Wir kleinen Leute, wir kriegen immer noch mehr Probleme aufgebrummt, dabei haben wir es nach der Wende alle schwer genug gehabt", zitiert sie ihre Vermieterin. Für die Deutschen sei kein Geld da, aber für das "Gesockse".

Obwohl selbst in das Geschehen involviert, beschreibt Zajcek die Zustände und Probleme mit dem nötigen journalistischen Abstand. Wer nach tiefgreifenden Analysen sucht, der wird in "Kaltland" sicher nicht fündig. Zajcek beschreibt das Aufeinanderprallen von Menschen aus zwei unterschiedlichen Kulturen in einer extremen Situation. Und weil sie dies schnörkellos und ohne erhobenen Zeigefinger tut, vermittelt sie einen im wahrsten Sinne des Wortes glaubwürdigen Einblick.