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Verkehr : Der richtige Weg beim ÖPNV-Ausbau

Grüne fordern höhere Bundesmittel. Scharfe Kritik aus der Unions-Fraktion

03.04.2017
2023-08-30T12:32:19.7200Z
3 Min

Wie kann der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) weiter ausgebaut und ein fairer Wettbewerb zwischen kommunalen und privaten Unternehmen gestaltet werden? Über diese Frage haben am vergangenen Donnerstag die Bundestagsabgeordneten diskutiert. Anlass der Debatte waren zwei Anträge der Grünen (18/10474, 18/10978), die zur Beratung in den Verkehrsausschuss überwiesen wurden.

Die Grünen fordern darin deutlich höhere Investitionen in den ÖPNV einerseits und eine Neuregelung des Personenbeförderungsgesetzes hinsichtlich der sogenannten eigenwirtschaftlichen Verkehre. Schon heute würden U-Bahnen und Stadtbahnen "als Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in Großstädten und Ballungsgebieten" teilweise an ihre Leistungsgrenzen stoßen - es gebe einen Investitionsstau von rund vier Milliarden Euro. Zwar solle das bisherige Bundesprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG-Bundesprogramm) nach der Einigung über die Bund-Lander-Finanzbeziehungen über 2019 hinaus verlängert werden, mit 333 Millionen Euro jährlich bleibe es aber "weit hinter dem selbst von der Bundesregierung anerkannten Bedarf zurück".

»Deutschlandtarif« In seiner Rede sagte Stephan Kühn, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, würden die Bundesmittel wie geplant bis 2025 eingefroren, komme das einer "Investitionsbremse" gleich. Die Bundesmittel sollten vielmehr auf eine Milliarde Euro aufgestockt werden. Es brauche eine Mobilitätsgarantie für den ländlichen Raum und ein "bundesweit einheitliches Tarifsystem". Ein "Deutschlandtarif" solle den Wirrwarr der "Nahverkehrskönigreiche" beenden.

Eine Umverteilung der öffentlichen Gelder vom Auto- zum öffentlichen Nahverkehr forderte die Linken-Verkehrspolitikerin Sabine Leidig. Öffentlicher Nahverkehr garantiere Mobilität für alle; sein Ausbau bringe mehr Menschen dazu, vom Auto zu Bahn und Bus zu wechseln. Die 330 Millionen Euro jährlich, die der Bund für Großprojekte im Rahmen des GVFG bereitstelle, würden zwar "nach viel klingen, sind aber viel zu wenig". Ihre Fraktion fordere einen "Verkehrswendefonds" von 10 Milliarden Euro. Das Geld dafür könne aus der Streichung des "dussligen Dutzends" kommen - also zwölf bestimmter Projekte für den Ausbau von Autobahnen, für den diese Summe geplant sei, sagte Leidig.

Harsche Kritik an den beiden Grünen-Anträgen übte der CDU/CSU-Verkehrsexperte Michael Donth. Die Vorschläge der Grünen seien "eine Mogelpackung" und gegen den fairen Wettbewerb gerichtet. Der Wettbewerb zwischen kommunalen und privaten Verkehrsbetrieben sorge für "Qualität im Angebot", Effizienz und Wirtschaftlichkeit. Es sei falsch, wenn die Grünen behaupteten, dass eigenwirtschaftliche Verkehrsanbieter die kommunalen Unternehmen aus dem Markt drängten. Tatsächlich würden 88 Prozent der Zuschläge ohne Wettbewerb vergeben, davon gingen 96 Prozent an kommunale Anbieter - hier gebe es tatsächlich eine Verdrängung zulasten der privaten. So sei die Zahl der privaten Busunternehmen in den vergangenen Jahren um ein Drittel zurückgegangen. Die wirklichen Zahlen, so Donth, sprächen eine andere Sprache als die "grünlackierten Fake-News" der Anträge. Es sei an den Kommunen, die Standards für den Nahverkehr festzulegen und so für Qualität zu sorgen. Die Forderung, die Mittel für den ÖPNV aufzustocken, nannte der Abgeordnete "fast schon unverschämt" angesichts dessen, worauf man sich im neuen Länderfinanzausgleich geeinigt habe.

Für die SPD warb Sören Bartol bei den Fraktionen des Bundestags dafür, eine Bundesrats-Initiative für faire Löhne und Sozialstandards im ÖPNV zu unterstützen. In dem Gesetzentwurf der Bundesländer werde Tariftreue und die Einhaltung sozialer Standards gefordert. Mit der Unterstützung der Initiative könne man schnell handeln. Das sei auch nötig, weil in den kommenden Jahren viele Ausschreibungen nötig würden. Grundsätzlich, so Bartol, solle es beim Nebeneinander kommunaler und privater Unternehmen bleiben. Man solle seiner Ansicht nach aber die Möglichkeit einer gesetzlichen Lösung nutzen, um den Zuschlag zu verwehren, wenn Arbeitgeber über Sozialdumping die Ausschreibungsanforderungen unterlaufen wollten.