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AUtobahnen : Warnung vor Privatisierung

Pläne zur Infrastrukturgesellschaft in der Kritik

03.04.2017
2023-08-30T12:32:19.7200Z
2 Min

Sachverständige warnen vor einer Privatisierung "durch die Hintertür" sollte die Infrastrukturgesellschaft in der bisher geplanten Form errichtet werden. Diese Ansicht teilten mehrere geladene Experten bei einer Anhörung zu dem Vorhaben, das Teil der Gesetzentwürfe der Bundesregierung zur Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (18/11131, 18/11135, 18/11185, 18/11186) ist. Vorgesehen sind unter anderem Änderungen im Artikel 90 des Grundgesetzes, um die Verwaltung, Bau und Betrieb der Bundesautobahnen in die Hände des Bundes zu legen. Derzeit sind dafür die Länder in Auftragsverwaltung zuständig. Der Bund soll dazu eine Gesellschaft privaten Rechts einsetzen können. Festgeschrieben werden soll zudem, dass Autobahnen und Gesellschaft im unveräußerlichen Bundeseigentum bleiben.

Die in den Gesetzentwürfen enthaltenen Privatisierungsschranken seien unzureichend, urteilte Thorsten Beckers (Technischen Universität Berlin). Beckers skizierte vier Wege, wie die Schranken umgangen werden könnte. Möglich wäre dies unter anderem über Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP), wenn diese das gesamte Autobahnnetz oder auch einen hohen prozentualen Anteil des Netzes umfassen würden. Unklar sei auch, ob die laut Gesetz zu gründenden Tochtergesellschaften privatisiert werden dürften. Dies müsse im Gesetz ausgeschlossen werden, forderte er.

Wenn mit dem geplanten öffentlich-rechtlichen Nießbrauchsrecht alle Rechte an den Autobahnen an die Gesellschaft übergehen würden, entleere man die im Gesetz enthaltene Aussage, wonach die Bundesrepublik Deutschland Eigentümer der Straßen sei, sagte Professor Georg Hermes (Goethe-Universität Frankfurt am Main). Übertrage man der Infrastrukturgesellschaft das wirtschaftliche Eigentum an den Autobahnen, laufe das auf ein Geschäftsmodell hinaus, bei dem es nicht um die Bereitstellung von Autobahnen als staatliche Daseinsvorsorge geht, "sondern um das entgeltliche Zurverfügungstellen". "Das nennt man Privatisierung", sagte Hermes.

»Sehr hinderlich« Mit den Gesetzesänderungen würden ÖPP-Projekte stark vorangetrieben, obwohl die gemachten Erfahrungen nicht gut seien, kritisierte Laura Valentukeviciute vom Verein "Gemeingut in BürgerInnenhand". Autobahnbau mit ÖPP sei weder kostengünstiger noch schneller,.

Für die Gründung von Tochtergesellschaften, wie im Gesetz geplant, gibt es aus Sicht des Bundesrechnungshofes (BRH) "keinen guten Grund". Dies führe lediglich zu höheren Kosten, sagte BRH-Vertreterin Romy Moebus. Der BRH halte es für sinnvoll, einzelne Strecken "funktional zu privatisieren". Eine Privatisierung von Teilnetzen müsse aber ausgeschlossen werden.

Von den Erfahrungen mit der Gründung einer Autobahngesellschaft in Österreich berichtete Klaus Schierhackl, Vorstand bei der österreichischen Infrastrukturgesellschaft ASFINAG. Er rate von einer zu starken Beteiligung der einzelnen Bundesländer ab. "Das kann wirklich sehr hinderlich sein", sagte er. Statt 16 Regionalgesellschaften sollte man sich auf Deutschland Nord und Deutschland Süd beschränken.

Auch Dietrich Drömann, Experte für Vergaberecht in der Wirtschaftskanzlei Graf von Westfalen, plädierte für einen Verzicht auf Regionalgesellschaften. "Es sollte an dem Gedanken einer einheitlichen Leitung unter Verzicht auf regionale Gesellschaften festhalten werden", sagte er. Die Länder, so seine Einschätzung, sollten auch keine Minderheitsbeteiligungen erhalten.