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BERLIN : Zwischen Mode und Bio

Anna-Lena Frank will hinter den Kulissen arbeiten

18.04.2017
2023-08-30T12:32:19.7200Z
3 Min

Im Zimmer von Anna-Lena Frank stechen als erstes zwei große Poster ins Auge: Sie bilden die Anatomie des menschlichen Körpers und sein Knochengerüst ab. Vor einem der Plakate steht eine Modepuppe, bekleidet mit Jacke und Schal. Acrylfarben, Pinsel und Bildbände verschiedener Designer warten aufgeräumt im Regal darauf, herausgeholt zu werden. Doch momentan lernt Leni, so ihr Spitzname, für ihre Prüfung in Mathematik. Sie hat die Zeitschriften mit den extravaganten Kleidern und die eigenen Skizzen fürs Erste zur Seite verfrachtet. Jetzt studiert sie Biotechnologie und ist gespannt, was die Zukunft für sie bereithält.

"Schon in der achten Klasse war klar, dass ich später entweder in Richtung Modedesign oder in die Medizin gehen werde", sagt die 20-Jährige. Nach dem Abitur fiel die Entscheidung umso schwerer. Gemeinsam haben die beiden Vorlieben Lenis eigentlich nur eines: "Ich interessiere mich für den menschlichen Körper." Ärztin wollte sie jedoch nie werden. Stattdessen will die Hamburgerin eher hinter den Kulissen arbeiten. "Seit der Oberstufe haben meine Eltern und ich immer wieder überlegt, welcher Studiengang besser passt." Wie viele andere Schulabgänger war auch Anna-Lena unsicher. Die Zukunft bereitete mehr Sorgen als Vorfreude - und das, obwohl einem doch mit dem Abitur die Welt offenstehen sollte. "Ich war neidisch auf viele meiner Freunde, die schon lange wussten, wo es sie später einmal hinführen soll", gibt Leni zu.

Hinter den Kulissen Nach dem Schulabschluss erhoffte sich die Abiturientin von einem Praktikum in der Rechtsmedizin Klarheit. Im Labor durfte sie Knochen untersuchen und DNA-Spuren analysieren. "Das war extrem spannend", erinnert sie sich. Während ihres darauffolgenden Auslandsaufenthalts in Australien traf Anna-Lena jedoch auf eine überzeugte Modedesign-Studentin. Sie entschied sich vorerst für ein Studium an der JAK Akademie für Design in Hamburg. Dort lernte sie zwei Semester lang die Grundlagen des Modedesigns. Doch im Laufe des Jahres erkannte die Studentin: "Um in dieser Branche durchzustarten, muss man zu 100 Prozent dahinterstehen." Das tat sie nicht. Die schlechten Zukunftsaussichten trugen ebenfalls zu ihrer Entscheidung bei, das Studium abzubrechen.

Sicherheit und Spaß Die Lehrbücher zu Biochemie und Neuroanatomie, die sich neben ihrem Schreibtisch stapeln, lassen auf die neuen Zukunftspläne der jungen Frau schließen. Dabei orientiert sie sich an klaren Erwartungen an ihr künftiges Berufsleben: "Ich will Sicherheit, ein geregeltes Einkommen und Spaß an dem haben, was ich mache." Ein Studium der Biotechnologie an der Technischen Universität Berlin soll dafür die Grundlage legen. An der Humboldt-Universität gebe es zudem einen Master, der sich mit Neurobiologie, Psychologie und Philosophie beschäftigt. "Das könnte ich mir für später gut vorstellen", sagt die Studienanfängerin.

Auch Ideale spielen eine Rolle. "Klar ist Modedesign kreativer als Biotechnologie. Aber mein jetziger Studiengang ist sinnvoller. Ich will der Welt helfen." Eine Träumerin? Vielleicht, denn auch wenn ein gesicherter Lebensunterhalt und Unabhängigkeit einen hohen Rang in Sachen Zukunft innehaben, so würde die Studentin später lieber auf das große Geld der Pharmaindustrie verzichten, wenn sie stattdessen in der medizinischen Forschung an einer Universität Fuß fassen könnte. "Dort kann man dem nachgehen, was einen interessiert. Man hat mehr Freiheiten", sagt die 20-Jährige.

Ganz festlegen will sie ihre Zukunft aber noch nicht. Zwar wünsche sie sich einen Job, den sie für immer ausführen kann. Aber sie ist auch offen dafür, irgendwann doch einmal im Ausland zu arbeiten. "Wünschen würde ich es mir", gibt sie zu. Ob sie einst Kinder haben wolle, wisse sie noch nicht. "Aber ich denke, die Arbeit im Labor sollte auch mit Kindern unter einen Hut zu kriegen sein", sagt Leni. Sicher sei: "Ich will und werde nicht die Mutter sein, die jeden Abend am Herd steht und kocht."

Ob die Acrylfarben und Zeichenblöcke bis dahin im Regal verstaubt sind? "Mein Interesse für Modedesign will ich mir auf jeden Fall bewahren", sagt Anna-Lena. "Wer weiß, vielleicht starte ich damit später als Hobby-Designerin durch." Nelly Ritz