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REMSCHEID : Ein kleiner Umweg

Für Elisabeth Heinze war der Hörsaal nichts

18.04.2017
2023-08-30T12:32:19.7200Z
3 Min

Ob Sie jetzt auf dem Weg zu ihrem Traumjob ist? Elisabeth Heinze ist sich sicher. Seit Oktober vergangenen Jahres macht die 20-Jährige eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin am Sana-Klinikum in Remscheid und fühlt sich dort rundum wohl. Aufgaben, Team, Arbeitsbedingungen - für die junge Frau stimmt dort "einfach alles". "Ich kann mir gut vorstellen, in dem Beruf die nächsten 40 Jahre zu arbeiten."

Die Sicherheit, in der richtigen Branche gelandet zu sein, kommt bei Elisabeth Remscheid auch daher, dass sie auf dem Weg in den richtigen Job erst einmal einen Umweg genommen hat. Schon mit 17 Jahren hatte sie das Abitur in der Tasche - dank des achtjährigen Gymnasiums, das Nordrhein-Westfalen ab 2005 einführte. Nach dem Abschluss ging es für Heinze zunächst nach Großbritannien: Mit einem Interrail-Ticket erkundete sie drei Monate lang Schottland, Irland und England. Das sei eine großartige Zeit gewesen, erinnert sich Heinze, "auch weil ich nach dem Abschluss erstmal noch gar keine Ahnung davon hatte, was ich beruflich machen wollte".

Dann entschied sie nach ihrem Herzen und schrieb sich für das Studienfach Archäologie ein. "Mich hat das einfach total interessiert. In der Schule hatte ich Geschichte als Leistungsfach belegt und mir dann gedacht: Ich probiere das einfach."

Zwei Semester blieb Heinze an der Uni, besuchte Vorlesungen und schrieb Klausuren. Bis ihr klar wurde: Archäologie und sie, das wird nichts - jedenfalls nicht dauerhaft. "Ich habe gemerkt, dass dieses Rumsitzen und Zuhören einfach nichts für mich ist. Parallel dazu wurde mir klar, dass die Berufsaussichten bei diesem Studium einfach nicht gut sind: Die Chancen, danach einen Job in dem Fach zu bekommen, liegen bei unter fünf Prozent."

Erstmal ausprobieren Heinze begann, sich einen neuen Plan für ihr Leben zu überlegen. Und landete bei dem, was eigentlich ganz nah lag: "In meiner Familie gibt es viele Leute, die im Krankenhaus arbeiten; meine Mutter ist selbst Krankenschwester." Um dieses Mal wirklich sicherzugehen, dass Wunsch und Wirklichkeit eine möglichst große Schnittmenge hatten, machte Heinze erst einmal ein fünfwöchiges Praktikum in einer Klinik. "Dabei habe ich gemerkt, dass mir diese Arbeit wirklich liegt." Noch während der Unizeit begann Heinze daher, sich zu bewerben. Und stellte fest, dass sie trotz des kleinen Umwegs denkbar gute Ausgangschancen hatte. Mit ihrem guten Schulabschluss und der praktischen Erfahrung konnte sie bei den Personalern punkten.

Viel zu entdecken Inzwischen ist ihre sechsmonatige Probezeit vorbei, die junge Frau hat schon auf mehreren Stationen gearbeitet. Worauf sie sich später einmal spezialisieren will, davon hat sie noch keine Vorstellung. "Ich war erst in der ambulanten Pflege, das ist eher nicht mein Bereich. Jetzt auf der Onkologie und Hämatologie finde ich es total spannend. Aber es kommt ja noch so unglaublich viel, das ich nicht kenne - das will ich erst einmal alles ausprobieren."

Heinze weiß, dass ihr Traumjob zu den harten gehört - mit viel Stress und hoher Arbeitsbelastung. Sie ist sich trotzdem sicher, dass sie das stemmen kann. "Es gibt in jedem Job Dinge, die stören und belastend sind. Ich glaube, damit muss man sich einfach arrangieren." Während der ersten Ausbildungszeit arbeite sie nur in Früh- oder Spätschichten am Tag, danach kämen Nachtdienste dazu. "Dass ich das gut verkrafte, habe ich schon während des Praktikums gemerkt. Das ist sicher Typsache." Als wirklich belastend habe sie bisher nur Situationen empfunden, in denen Patienten verstorben seien. "Das kennt man aus dem normalen Alltag ja gar nicht. Da muss man erst Mechanismen entwickelt, um sich abzugrenzen."

Und das Geld? "Das ist sogar besser als gedacht", sagt Heinze. "Im Vergleich zum Studium ist es ja viel mehr. Ich kann mir ein Auto leisten und noch was wegpacken - das ist doch optimal." Dazu komme die Sicherheit, dass sie nach der Ausbildung ziemlich sicher einen Job finden werde, egal ob in Deutschland oder vielleicht sogar im Ausland. Und danach vielleicht doch noch ein Studium? Bei dieser Frage muss Elisabeth Heinze ziemlich laut lachen. "Nein, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen." Der erste Umweg soll der letzte bleiben. Susanne Kailitz

Die Autorin arbeitet als freie Journalistin in Dresden.