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PARTEIEN : Geldhahn zu

Bei festgestellter Verfassungsfeindlichkeit soll es künftig keine Staatsmittel mehr geben

22.05.2017
2023-08-30T12:32:21.7200Z
3 Min

In der Ablehnung der NDP als verfassungsfeindlicher Partei sind sich im Bundestag alle Fraktionen einig. Weniger Einigkeit herrscht dagegen in Fragen der Bekämpfung der rechtsextremistischen Partei. Das wurde auch am Freitag bei der ersten Lesung je eines Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen (18/12357) und des Bundesrates (18/12100) zur Änderung des Grundgesetzes sowie je eines entsprechenden Begleitgesetzes (18/12358, 18/12101) deutlich. Ziel der Vorlagen ist es, verfassungsfeindliche Parteien von der Parteienfinanzierung und steuerlichen Begünstigungen auszuschließen und so auch der NDP den staatlichen Geldhahn zuzudrehen.

Am 17. Januar hatte das Bundesverfassungsgericht den Antrag des Bundesrates zurückgewiesen, die Verfassungswidrig der NPD festzustellen und die Partei zu verbieten. Zugleich stellte das Gericht in dem Urteil (Az. 2 BvB 1/13) fest, "dass die Ziele der NPD und das Verhalten ihrer Anhänger gegen die Menschenwürde und den Kern des Demokratieprinzips verstoßen und dass sie Elemente der Wesensverwandtschaft mit dem historischen Nationalsozialismus aufweisen", wie die Koalitionsfraktionen und der Bundesrat in ihren Vorlagen unisono referieren. Zudem sei die Programmatik der NPD auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet. Im Ergebnis, konstatieren sowohl die beiden Bundestagsfraktionen als auch die Länderkammer, sei die NPD "wegen ihres eigenen politischen Misserfolges und der derzeit geringen politischen Einflussmöglichkeiten" nicht verboten worden.

Allerdings hat, wie auch die Koalition hervorhebt, das Gericht in dem Urteil zugleich darauf hingewiesen, dass es dem "verfassungsändernden Gesetzgeber" freistehe, neben dem Parteiverbot weitere, abgestufte Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Parteien mit verfassungsfeindlicher Zielsetzung zu schaffen. In diesem Sinne solle eine "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland gerichtete Zielsetzung zukünftig alleinige Tatbestandsvoraussetzung für einen Ausschluss politischer Parteien von der staatlichen Parteienfinanzierung sein", heißt es in der Koalitionsvorlage weiter. Über einen solchen Ausschluss entscheiden soll den Gesetzentwürfen zufolge das Bundesverfassungsgericht.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD), dessen Land die Gesetzesinitiative im Bundesrat eingebracht hatte, nannte es im Bundestag "unerträglich", dass eine Partei, die "unser Staatssystem ablehnt, von diesem auch noch Unterstützung erhält". Und das nicht zu knapp: 14,5 Millionen Euro habe die NPD in den vergangenen zehn Jahren an Parteienfinanzierung erhalten, ärgerte sich Ulla Jelpke (Linke) - staatliche Mittel, mit denen "neofaschistische Strukturen in Deutschland handlungsfähig" gemacht würden. Damit müsse Schluss sein. Es dürfe nicht sein, "dass Antisemitismus und rassistische Hetze von Steuergeldern finanziert werden", fügte Jelpke hinzu und äußerte die Hoffnung, "diesen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause über die Bühne" zu bringen.

Helmut Brandt (CDU) betonte, niemand verstehe, "dass wir mit Steuermitteln als verfassungsfeindlich identifizierte Parteien" unterstützen. Dabei seien die vorgesehenen Voraussetzungen für einen Ausschluss von der Parteienfinanzierung ähnlich hoch wie bei einem Parteienverbot. Der Eingriff in die Chancengleichheit sei bei Parteien "gerechtfertigt und geboten", die die Demokratie abschaffen wollen. Allerdings könne man "durch den Geldentzug extremistisches Gedankengut nicht ausmerzen", sagte er: "Eine Streichung von Geldern kann leider weder Dummheit noch eine menschenverachtende Ideologie verhindern".

Eva Högl (SPD) nannte die vorgelegten Grundgesetzänderungen "ausgewogen und zwingend". Dabei sollten die betroffenen Parteien die Chance erhalten, "nach vier Jahren überprüfen zu lassen, ob sie immer noch verfassungswidrig sind". Auch schaffe man keine "Lex NPD", da das Gesetz für alle Parteien gelte, die sich gegen die Verfassung wenden. Es handele sich allerdings nur um "einen Baustein im Engagement gegen Extremisten in unserer Gesellschaft". Auch weiterhin müsse man sich mit allen Möglichkeiten "gegen die Feinde der Demokratie" einsetzen.

Britta Haßelmann (Grüne) unterstrich, dass es auch ihr um gemeinsames Eintreten "für unsere liberale Demokratie" gehe. Was die Koalition vorgelegt habe, sei aber "nicht durchdacht". Mit dem "Vorschlag, bei Parteispenden für verfassungsfeindliche Parteien die Steuerbegünstigung wegfallen zu lassen", begebe man sich in schwieriges Fahrwasser, da solche Sanktionen auch die Grundrechte der Unterstützer solcher Parteien erfassten. Hier liege ein großes verfassungsrechtliches Problem. Ein "unsauberes Vorgehen, das wohl nachher wieder gerichtlich scheitert, nützt am Ende doch nur diesen Verfassungsfeinden von der NPD", warnte Haßelmann. Dies dürfe nicht passieren. Auch dürfe man das Vorhaben nicht "in aller Eile noch kurz durch den Bundestag" bringen. "Hier gilt Sorgfalt vor Schnellschuss", mahnte sie. Eine Verfassungsänderung wie diese "darf nicht übereilt beraten werden".