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EUROPARAT : Der Showdown rückt näher

Der Machtkampf um Parlamentspräsident Agramunt dauert an, doch die Aufklärung des Korruptionsskandals beim Europarat kann nun beginnen

03.07.2017
2023-08-30T12:32:23.7200Z
3 Min

In all der Aufregung um Pedro Agramunt, den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, ging vergangene Woche im Palais de l'Europe ein Erfolg fast unter: Nach monatelangem Hin und Her wurden endlich die drei Mitglieder einer Kommission benannt, die Licht ins Dunkel eines Korruptionsskandals bringen soll, der schwer auf den Straßburger Abgeordneten lastet. Doch die Sommersession der Versammlung stand im Schatten des bizarren Machtkampfs um den wegen seines Verhaltens in der Bestechungsaffäre und besonders wegen einer unautorisierten Reise zu Syriens Machthaber Baschar al Assad unter Beschuss geratenen Spanier Agramunt, der den von allen Fraktionen verlangten Rücktritt verweigert.

Der Brite Nicolas Bratza, einst Präsident des Menschenrechtsgerichtshofs, der ehemalige Untersuchungsrichter Jean-Louis Bruguière (Frankreich) und Elisabet Fura, früher schwedische Ombudsfrau und Richterin in Straßburg, sollen den vor allem um die "Kaviardiplomatie" Aserbaidschans kreisenden Korruptionsskandal durchleuchten, um die lädierte Reputation der Europaratsparlamentarier aufzupolieren. Zudem werden von dem Trio Vorschläge für eine Reform der Verhaltensregeln erwartet.

Im Palais de l'Europe hofft man, dass das Gremium die Untersuchung der Affäre diskret und ohne öffentliche Begleitmusik vorantreiben kann. Aserbaidschan habe, so der Vorwurf, Lobbyarbeit mit Bestechung flankiert: Teure Geschenke, Geld und Reisen ans Kaspische Meer sollten diverse Abgeordnete motivieren, kritische Berichte zu politischen Gefangenen und anderen rechtsstaatlichen Problemen zu entschärfen. Auch Agramunt soll gratis nach Baku aufgebrochen sein. Der Italiener Luca Volontè, in Straßburg ehedem Chef der EVP-Fraktion, geriet ins Visier von Mailänder Staatsanwälten wegen des Verdachts, aus Aserbaidschan 2,4 Millionen Euro erhalten zu haben, um beim Staatenbund im Sinne Bakus zu agieren.

Propagandacoup Viele Parlamentarier halten Agramunt vor, versucht zu haben, die nicht zuletzt von einer Gruppe um den SPD-Abgeordneten Frank Schwabe forcierte Aufklärung des Korruptionsskandals auszubremsen. Genährt wird die Wut aber besonders durch Agramunts Reise nach Damaskus, die von russischer Seite arrangiert wurde und bei der er sich mit Assad ablichten ließ - ein Propagandacoup Syriens. Das Präsidium entzog dem spanischen Konservativen schon im April das Vertrauen und stellte ihn kalt: So darf Agramunt keine Erklärungen im Namen der Versammlung abgeben. Einen Rücktritt verweigert er indes hartnäckig, obwohl alle politischen Lager seine Demission verlangen. Als letzte Fraktion schloss sich jetzt selbst Agramunts eigene EVP nach turbulenter Debatte mehrheitlich dieser Forderung an, die auch von Fraktionschef Axel Fischer (CDU) unterstützt wird. Weiter erhöht haben die Parlamentarier den Druck durch eine mit 154 gegen 30 Stimmen gebilligte Neuregelung, wonach die Versammlung anders als bislang einen Präsidenten und Ausschussvorsitzende absetzen darf.

Agramunt, der nur noch wenig Rückhalt hat, bleibt indes stur und geht zum Angriff über. Der Spanier engagierte Anwälte, die in einem Brief an die Straßburger Botschafter aller 47 Mitgliedsnationen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses über das Amtsenthebungsverfahren bestritten: Dazu seien im Geflecht des Europarats nur die 47 Regierungen legitimiert, nicht aber das Parlament.

Ob sich Agramunt, der eine teils peinliche, teils tragische Figur abgibt, mit diesem Manöver retten an, mutet fraglich an. Bei ihrer Herbstsession wird die Versammlung wohl über einen Abwahlantrag abstimmen. Der Showdown rückt näher.