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AUSWÄRTIGES : »Primat des Politischen«

Bundesregierung legt Leitlinien zur Krisenprävention vor. Die Opposition spricht von vagen Absichtserklärungen

03.07.2017
2023-08-30T12:32:24.7200Z
3 Min

Für Außenminister Siegmar Gabriel (SPD) ist das Papier ein "Kompass für eine moderne Friedensdiplomatie" - die Opposition hingegen spricht von einer "großen Enttäuschung". Unter dem Titel "Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden befördern" verpflichtet sich die Bundesregierung mit ihren Leitlinien auf internationale Konfliktprävention und Friedensförderung. "Die Förderung des Friedens in der Welt gehört vor dem Hintergrund unserer historischen Erfahrung zu den zentralen Staatszielen, die das Grundgesetz deutscher Politik vorgegeben hat", heißt es in den als Unterrichtung (18/12813) vorliegenden Leitlinien. Sie sollen das Weißbuch zur Sicherheitspolitik "um den gesamten Instrumentenkasten zur Verfolgung unserer Ziele - von der Krisenprävention über Stabilisierung, Konfliktbewältigung und Wiederaufbau bis hin zur langfristigen Förderung von Frieden und nachhaltiger Entwicklung" ergänzen.

Zielsetzungen Gabriel sprach in der Debatte am vergangenen Freitag von "realistischen Zielsetzungen": Aus Krisenländern würden nicht über Nacht stabile Demokratien. Die Leitlinien markierten einen "Primat des Politische" und skizzierten, mit welchen Mitteln Deutschland einen Beitrag dazu leisten wolle und könne, dass Gewalt weltweit nicht noch mehr um sich greife. "Wir dürfen uns nicht überschätzen, aber eben auch nicht unterschätzen." Gabriel forderte zudem, mehr über "offensive Abrüstungsangebote" in Europa zu sprechen. Im Zusammenhang mit dem Zwei-Prozent-Ziel der Nato sei es nicht klug, mit einer Politik "mitzulaufen", die Militärausgaben erweitern und Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und Krisenprävention kürzen wolle.

Kathrin Vogler (Die Linke) wollte in den Leitlinien "viele schöne Worte", wenn es aber konkret werde, folge diesen Worten nichts. Weder korrigiere die Bundesregierung den Weg in eine neue Aufrüstung, noch ändere sie etwas an ihrer Praxis der Rüstungsexporte selbst in Länder wie Saudi-Arabien und Katar. Der Vorrang des Zivilen vor dem Militärischen sei "durch lauter Konjunktive abgeschwächt", sagte Vogler. "Sie propagieren weiter die Ausplünderung des globalen Südens unter dem Etikett des Freihandels." Der Aktionsplan Zivile Krisenprävention im Jahre 2004 sei ein Meilenstein gewesen. "Die neuen Leitlinien schreiben nur das fest, was die Bundesregierung ohnehin tut."

Jürgen Hardt (CDU) bezeichnete den "vernetzten Ansatz", der diplomatische, entwicklungspolitische, humanitäre, rechtstaatliche und militärische Maßnahmen bündele, ein Markenzeichen deutscher Sicherheitspolitik, der auch ein Markenzeichen der EU werden solle. "Militärische Maßnahmen allein sind niemals in der Lage, dauerhaften Frieden zu bringen." Hardt erinnerte daran, dass Deutschland in diesem Jahr zum ersten Mal das Ziel erfülle, 0,7 Prozent seines Bruttonationaleinkommens für die Entwicklungszusammenarbeit bereitzustellen. "Lange bevor Donald Trump am Horizont erschien" habe sich die Nato 2014 darauf verständigt, das jedes Mitglied zwei Prozent für Verteidigung ausgeben solle. Daran müsse sich auch Deutschland halten. Hardt schlug vor, dass jedem zusätzlichen Euro für Verteidigung ein zusätzlicher Euro für zivile Maßnahmen folgen sollte.

Polizeimissionen Franziska Brantner (Grüne) mochte nur "vage Absichtserklärungen" in den Leitlinien entdecken. Friedensengagement brauche "Expertise, Personal, Geld, politischen Willen und vor allem einen langen Atem". Die Leitlinien drückten sich um die Frage, wie viel die Bundesregierung bis wann und mit welchen Mitteln erreichen wolle. Unter den rund 13.000 Polizisten in Polizeimissionen der Vereinten Nationen seien heute nur 32 deutsche Beamte. Besonders kritisierte Brantner, dass das Auswärtige Amt sich die Ressortabstimmung bei der Krisenprävention künftig mit dem Verteidigungsministerium zu teilen hätte. Das habe mit dem behaupteten "Primat des Politischen" nichts zu tun und sei eine Enttäuschung.