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Immobilien : Gegen die Blase

Die Finanzaufsicht soll im Gefahrenfall künftig die Vergabe von Krediten einschränken können

30.01.2017
2023-08-30T12:32:15.7200Z
4 Min

Wenn die Blase platzt, dann kann es richtig wehtun: 2007 etwa knallte es in den Vereinigten Staaten erst auf dem aufgeblähten Immobilienmarkt, wenig später dann weltweit: Banken gingen Pleite, die Aktienmärkte stürzten ins Bodenlose, die Wirtschaft brach ein.

Dem will die Bundesregierung nun zumindest mit Blick auf Deutschland durch eine Stärkung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorbeugen. Die Aufsichtsbehörde soll mit neuen Befugnissen ausgestattet werden, um die Vergabe von Immobilienkrediten durch Mindeststandards einschränken zu können. Einen entsprechenden Gesetzentwurf (18/10935) beriet der Bundestag vergangenen Donnerstag in erster Lesung. Er fiel allerdings vor allem bei der Koalition auf eher verhaltene Resonanz.

Keine Panik Aktuell bestehe keine Notwendigkeit, die Instrumente einzusetzen, betonte Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, in der Debatte. Es handle sich um Vorsorge, um für eine "kritische Lage gerüstet zu sein". Hintergrund des Gesetzentwurfes sind unter anderem Empfehlungen des Ausschusses für Finanzmarktstabilität der Bundesregierung (AFS). Dieser hatte festgestellt, dass die bestehenden Instrumente der BaFin im Krisenfall nicht ausreichten, um gezielt einzugreifen. Dieser Fall kann eintreten, wenn nicht nur die Immobilienpreise steigen, sondern auch die Fremdkapitalquote bei der Finanzierung, und gleichzeitig die Kreditvergabestandards sinken.

Die BaFin soll künftig, wenn von Bundesbank, BaFin und Bundesregierung eine Immobilienblase befürchtet wird, Mindeststandards für die Neukreditvergabe vorgeben können. Damit sollen Ausfallrisiko und Verlustquote reduziert werden. Beispielsweise können die Aufseher den Kreditgebern dann Vorgaben zum Tilgungszeitraum machen oder eine Obergrenze für das Verhältnis von Kredithöhe und Immobilienwert festlegen. Die BaFin soll die Möglichkeit haben, die Anforderungen nur an ausgewählte Kredite zu stellen, etwa für Immobilien in bestimmten Regionen. Darlehen für Renovierung und den sozialen Wohnungsbau sowie Anschlussfinanzierungen sind nicht betroffen.

Schritt in richtige Richtung Das Vorhaben der Bundesregierung sei "regulatorisch" ein Schritt in die richtige Richtung, beschied Axel Troost (Die Linke). Er zweifelte aber, ob die neuen Instrumente ausreichten, um eine Blase zu verhindern. Ein Mangel sei zudem, dass der Gesetzentwurf die Finanzierung gewerblicher Immobilien außen vor lasse. Es sei außerdem unklar, ab wann die Bundesregierung eigentlich von einer Blase ausgehe. Troost forderte fiskalisch-administratives Maßnahmenpakete, um regional auf mögliche Risiken eingehen zu können, etwa durch Hebesätze bei der Grunderwerbssteuer. Dafür müsste diese aber neu ausgerichtet werden.

Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen) fand im Grundsatz ebenfalls lobende Worte für die neuen BaFin-Instrumente. Eine rein "mikroprudenzielle Aufsicht", also der Blick nur auf die Entwicklung bei den einzelnen Banken, reiche nicht. Die Aufsicht brauche auch Instrumente, um bei möglichen Verwerfungen auf dem gesamten Markt rechtzeitig eingreifen zu können. Die schon im Vorfeld geäußerte Kritik an dem Entwurf aus Reihen der Koalitionsfraktionen könne er daher nicht nachvollziehen. Wie auch Troost mahnte Schick an, den gewerblichen Immobiliensektor einzubeziehen. Zudem müsse die Datenlage zur Beurteilung der Entwicklungen an den Märkten verbessert werden. Es könne nicht sein, dass die BaFin dafür auf private Anbieter zurückgreifen müsse, kritisierte Schick.

Hausaufgaben Antje Tillmann (CDU) betonte, es sei richtig, Instrumente zu entwickeln, bevor es zu einer Krise komme. Die Christdemokratin forderte aber, den zum Gesetzentwurf gehörigen Verordnungsentwurf zügig bekannt zu machen, damit die Auswirkungen auf Verbraucher und Banken beurteilt werden könnten. Nach den Beratungen und Anhörungen könne dann entschieden werden, ob dieser Gesetzentwurf der richtige Weg sei.

Manfred Zöllmer (SPD) sagte, dass das Hauptproblem in Hinblick auf Immobilienblasen die Diagnose sei. Der Gesetzentwurf klammere den Daten- und Statistikteil aber aus. Zudem müsse geprüft werden, ob der Entwurf regionale Aspekte bei der Anwendung der Instrumente genügend würdige. Zöllmer warnte zudem vor Überregulierung, schließlich sei es auch ein politisches Ziel, den Wohnungsbau zu fördern. "Wir werden unsere Hausaufgaben machen", sagte Zöllmer mit Blick auf die anstehenden Beratungen.

Mit dem Entwurf soll zudem die Kreditwürdigkeitsprüfung nach der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie klargestellt werden. "Einige Banken" seien verunsichert, was zu einer schwächeren Kreditvergabe an junge Familien und Senioren geführt habe, begründete Ulrich Kelber (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Justizministerium. Unter anderem sollen Bundesjustizministerium und Bundesfinanzministerium künftig gemeinsam Verordnungen mit Leitlinien für die Vergabe erlassen können.

Verbraucherschutz achten Für die Grünen mahnte Nicole Maisch an, auch Forderungen von Verbraucherschützern stärker zu berücksichtigen, etwa bei Koppelungsgeschäften, und nicht nur auf "Zuruf" der Banken zu reagieren. Vertreter der Union kritisierten das Bundesjustizministerium für die aus ihrer Sicht zu ungenaue Regelung im ursprünglichen Umsetzungsgesetz der Richtlinie, das vergangenes Jahr verabschiedet wurde. Sören Christian Reimer