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EDITORIAL : Hanseat in Schwarz

22.05.2018
2023-08-30T12:34:29.7200Z
2 Min

Die Häme ließ nicht lange auf sich warten: Als "Rote Null" wurde der neue Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) verspottet, weil er die "Schwarze Null" in seinem Entwurf des Haushaltes für das laufende Jahr fortschreiben will. Scholz, emotional verbunden mit den Hansestädten Osnabrück, wo er geboren wurde, und Hamburg, wo er zuletzt als Erster Bürgermeister fungierte, ertrug die Kritik mit hanseatischer Gelassenheit.

In der vergangenen Woche erläuterte der Ressortchef dem Bundestag bei der 1. Lesung des Haushaltes 2018 ebenso ruhig wie sachlich, warum er es trotz sprudelnder Steuereinnahmen für geboten hält, das Geld im Staatssäckel zusammenzuhalten: aus Verantwortung für die kommenden Generationen. Im Grundsatz ist dem schwer zu widersprechen. Vor allem die Sozialausgaben werden in den nächsten Jahrzehnten rasant steigen; schon jetzt verschlingt dieser Bereich jeden zweiten Euro im Bundeshaushalt. Wer also dafür plädiert, dass das Schwarze an der aktuellen Haushaltsnull verblasst, bürdet unseren Kindern, Enkeln und Urenkeln eine Last auf, die kaum zu schultern sein wird.

Kritiker dieser Politik fordern trotzdem mehr Mittel für die Investitionsförderung als vorgesehen und sind bereit, dafür Schulden zu machen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Schon in der vorherigen Legislaturperiode wurde das bereitgestellte Geld von potenziellen Empfängern nicht komplett abgerufen. Gescheitert ist manches Projekt von Ländern und Kommunen an der mangelnden Kraft, Projekte mitzufinanzieren, und den komplizierten Vergabeverfahren. Höchste Zeit also, das Planungsrecht zu reformieren, um dann gezielt, sinnvoll und in angemessenem zeitlichen Rahmen Geld zur Verfügung zu stellen. Gelingt das, wird die Bewertung dieses Haushaltes ablenken von einigen Punkten, die parteipolitisch motiviert im Koalitionsvertrag gelandet und von zweifelhafter Wirkung sind. Dazu gehören das Baukindergeld, die Mütterrente oder der Abbau des Solidaritätszuschlages.

Wenn das Parlament diesen Haushalt Anfang Juli in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause verabschiedet, wird unter dem Strich wieder eine "Schwarze Null" stehen. Damit ist dokumentiert, dass Deutschland in guten Zeiten abermals ohne zusätzliche Schulden auskommt. Man muss kein Hanseat sein, um das als beruhigend zu empfinden.