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ATOMGESETZ : Entschädigung für AKW-Betreiber

Koalition will Gerichtsurteil umsetzen. Kernbrennstoffsteuer gefordert

11.06.2018
2023-08-30T12:34:29.7200Z
3 Min

Mit Änderungen im Atomgesetz wollen die Koalitionsfraktionen und die Bundesregierung die rechtlichen Grundlagen für die Entschädigung von Energiekonzernen in Folge des 2011 von der schwarz-gelben Regierung beschlossenen Atomausstieges legen. Hintergrund des Gesetzentwurfes der Fraktionen CDU/CSU und SPD (19/2508) - die Bundesregierung hat einen gleichlautenden Entwurf im Bundesrat eingebracht - ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2016 (1 BvR 2821/11), das den Atomkraftwerksbetreibern bestimmte Ausgleichsansprüche einräumt.

Bei der ersten Lesung am Freitag im Bundestag bekräftigen Redner aller Fraktionen - mit Ausnahme der AfD -, dass die mit breiter Mehrheit getroffene Entscheidung zum Atomausstieg von 2011 richtig gewesen sei. Im Detail sah vor allem die Opposition noch Verbesserungsbedarf am vorliegenden Gesetzentwurf.

Ausstieg vom Ausstieg Hintergrund des Vorhabens der Koalition sind die Folgen der Wirren der Atompolitik in den Jahren 2010 und 2011. Nachdem die rot-grüne Regierung 2002 die Weichen für den Ausstieg aus der kommerziellen Nutzung der Kernenergie gelegt hatte, vollzog Schwarz-Gelb Ende 2010 eine Kehrtwende und setzt erhebliche Laufzeitverlängerungen durch. Die Tinte im Gesetzblatt war kaum getrocknet, da kippte Schwarz-Gelb erneut um: Nach der Reaktorhavarie im japanischen Fukushima am 11. März 2011 beschlossen Regierung und Bundestag mit dem 13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vom 31. Juli 2011, die Laufzeitverlängerungen und Elektrizitätsmengen-Erhöhungen zurückzunehmen und den Atomausstieg bis zum 31. Dezember 2022 zu vollenden.

Wenig überraschend gefiel das den AKW-Betreibern nicht - sie klagten. Am eigentlichen Atomausstieg der schwarz-gelben Regierung hatten die Karlsruher Richter letztlich wenig auszusetzen, sahen aber trotzdem einen begrenzten Entschädigungsanspruch für die Atomkonzerne.

Mit dem Gesetzentwurf will die Koalition im Atomgesetz nun regeln, dass die AKW-Eigentümer zum einen Anspruch auf einen Ausgleich für bestimmte "frustrierte Investitionen" in ihre Anlagen haben, die sie im Vertrauen in die Laufzeitverlängerungen tätigten. Einen weiteren, in der Praxis wohl gewichtigeren Ausgleichsanspruch haben laut Gesetzentwurf zum anderen die Betreiber der AKW Brunsbüttel, Krümmel und Mülheim-Kärlich für nicht mehr verwertbare Strommengen. Die voraussichtliche Belastung des Bundeshaushaltes durch die Ausgleichszahlungen lässt sich laut Gesetzentwurf bisher nicht beziffern.

Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), betonte, dass das Verfassungsgericht nur Nachbesserungen in Randbereichen angeordnet habe, die nun umgesetzt würden. Ähnlich äußerte sich Karsten Möring (CDU). Mit dem Entwurf werde dafür gesorgt, dass der Staat nicht mehr als notwendig zahle. Zudem werde mit dem Entwurf Vorsorge getroffen, um auf das von Vattenfall angestrengte und noch laufende Schiedsgerichtsverfahren reagieren zu können, sagte Möring.

Neuer Anlauf Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) und Hubertus Zdebel (Linke) warben für einen erneuten Anlauf bei der Kernbrennstoffsteuer, die vergangenes Jahr vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden war. Das Urteil hatte zu milliardenschweren Rückzahlungen an die AKW-Konzerne geführt. Zudem forderten Zdebel und Kotting-Uhl, die Übertragung von Reststrommengen auf AKW in sogenannten Netzausbaugebiete zu verhindern. Auch Nina Scheer (SPD) zeigte sich für diese Idee offen, bestünde doch ein Zielkonflikt, würden Strommengen in diese Gebiete übertragen und somit erneuerbare Energiequellen abgeregelt. Zudem sei die SPD-Fraktion auch für die Neuauflage der Kernbrennstoffsteuer offen, sagte Scheer.

Judith Skudelny (FDP) schlug vor, auch die Möglichkeit zu eröffnen, die Entschädigungen über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag zu regeln. Skudelny bezweifelte zudem, ob die geplanten Ausgleichsregelungen den Vorgaben des Gerichts entsprächen. Es bestünde das Risiko weiterer Klagen. Rainer Kraft (AfD) kritisierte die Ausgleichsmodalitäten ebenfalls. Er forderte, dass jede Kilowattstunde erzeugt, vermarktet und verbraucht werden solle.