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Verteidigung : Von der Leyen bleibt bei Zwei-Prozent-Ziel

Wehretat soll stärker steigen als geplant

09.07.2018
2023-08-30T12:34:31.7200Z
4 Min

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kann zufrieden sein. Nicht nur, weil der Bundestag in der vergangenen Woche die Erhöhung des Wehretats in diesem Jahr um 1,52 Milliarden Euro auf 38,52 Milliarden Euro billigte (19/2413, 19/2424) und noch einmal 26 Millionen Euro auf den Regierungsentwurf für den Einzelplan 14 (19/1700, 19/1701) drauflegte. Es ist vor allem der Blick in die kommenden Jahre, der die Ministerin erfreut. Bereits im kommenden Jahr soll der Verteidigungshaushalt um mehr als vier Milliarden Euro auf 42,9 Milliarden Euro. So sieht es der Haushaltsentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vor, den er am vergangenen Freitag präsentierte. Damit würde von der Leyen immerhin 675 Millionen mehr erhalten, als in der bisherigen Finanzplanung vorgesehen waren.

Auf 1,5 Prozent des Bruttosozialproduktes (BIP) will Ursula von der Leyen den Verteidigungshaushalt bis zum Jahr 2024 erhöhen. Dies sei "eine politische Verabredung", sagte sie in der Debatte. Und die Regierung stehe auch weiterhin zum 2014 von der Nato ausgegeben Zwei-Prozent-Ziel, betonte die Ministerin. In diesem Jahr erreicht Deutschland bei den Verteidigungsausgaben 1,24 Prozent des BIP.

Von Seiten der Opposition hagelte es Kritik am Verteidigungshaushalt und an der Ministerin - wenn auch aus sehr unterschiedlichen Gründen. Während der AfD der Wehretat noch viel zu klein erscheint, halten ihn Linke und Grüne für überzogen und beklagen ebenso wie die FDP eine unsaubere Haushaltsführung.

Der verteidigungspolitischer Sprecher der AfD-Fraktion Rüdiger Lucassen warf der Bundesregierung vor, dass der Wehretat 2018 nicht einmal ausreiche, um "den Verfall unserer Bundeswehr aufzuhalten". Von der Leyen und ihre drei Amtsvorgänger aus den Reihen der Unionspartien hätten Deutschlands Verteidigungsfähigkeit während der Kanzlerschaft von Angela Merkel "zugrunde gerichtet". Die Bundeskanzlerin trage deshalb die "Verantwortung für den erschreckenden Zustand der Bundeswehr - sowohl für den finanziellen als auch den personellen", schimpfte Lucassen.

Der haushaltspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, Tobias Lindner, hingegen wies die Argumentation der Koalition zurück, die Bundeswehr sei unterfinanziert. Seit dem Amtsantritt von der Leyens im Jahr 2013 sei der Wehretat von 32,4 auf 38,52 Milliarden angewachsen. "Wenn man alle Etatsteigerungen Ihrer Amtszeit zusammenrechnet, kommt man, wenn ich das kommende Jahr auch dazu nehme, auf über 20 Milliarden Euro", rechnete Lindner der Ministerin vor. Trotzdem seien die Probleme der Streitkräfte nicht gelöst worden, weder bei den Beschaffungen, noch beim Personal. Eine klare Absage erteilte er an die Ausrichtung des Wehretats am BIP: "Das 1,5- oder Zwei-Prozent-Ziel ist ein wahnwitziger Indikator, um eine vernünftige Lastenteilung in einem Bündnis zu messen."

In diesem Sinne argumentierte auch der Linken-Haushaltsexperte Michael Leutert. Es sei an der Zeit, den Amerikanern zu sagen, dass Deutschland das Zwei-Prozent-Ziel nicht einhalten werde, weil dafür keine Notwendigkeit bestehe. In einem Änderungsantrag (19/3144), den der Bundestag jedoch ablehnte, forderte die Linksfraktion, den Verteidigungshaushalt um 5,1 Milliarden zu kürzen, alle Auslandseinsätze der Bundeswehr zu beenden sowie auf die weitere Beschaffung und Entwicklung von Großgerät zu verzichten. Die eingesparten Mittel sollten stattdessen in die Entwicklungszusammenarbeit und die zivile Krisenprävention fließen.

Ebenfalls gescheitert ist die FDP mit ihrem Vorstoß, die Verteidigungsministerin auf mehr "Haushaltsklarheit und -wahrheit" zu verpflichten, wie es liberale Haushaltspolitiker Karsten Klein ausdrückte. In einem Änderungsantrag (19/3178) forderte die Fraktion, dass die einzelnen Haushaltstitel künftig den tatsächlich zu erwartenden Finanzbedarf abbilden und nicht bereits die gegenseitige Deckung mit anderen Titeln vorwegnehmen. Zudem dürften aus der neuen Rücklage im Verteidigungshaushalt die Mittel von maximal 500 Millionen Euro nur eins zu eins für den Titel entnommen werden, aus dem die Mittel zugeflossen sind. Der Antrag wurde jedoch mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Ebenfalls abgelehnt wurden zwei Änderungsanträge der FDP und der Linken zur geplanten Beschaffung der israelischen Drohne Heron TP, die auch Waffen tragen kann. Während die Liberalen forderten, die Drohnen gleich in einem bewaffneten Zustand zu beschaffen und das Personal entsprechend auszubilden, stellte die Linke den Antrag, den Leasing-Vertrag für die Drohnen zu kündigen.

Die Vertreter der Koalitionsfraktionen verteidigten die Erhöhung des Wehretats. Der Verteidigungspolitiker Reinhard Brandl (CSU) argumentierte, bei der Neuausrichtung der Bundeswehr im Jahr 2011 habe niemand vorhersehen können, dass sich das Verhältnis zu Russland dermaßen verschlechtern und die Landes- und Bündnisverteidigung wieder verstärkt in den Fokus rücken wird. Thomas Hitschler (SPD) schloss sich seinem Kollegen an, bewertete das Zwei-Prozent-Ziel jedoch skeptisch. Für die Truppe zähle nicht, ob der Verteidigungshaushalt bei 1,2 oder zwei Prozent des BIP liege. "Für sie zählt, dass wir sie ihren Aufgaben gemäß ausrüsten." Für diese Spitze Richtung von der Leyen erntete Hitschler dann auch nur Applaus aus den Reihen der SPD und nicht vom Koalitionspartner.