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MENSCHENRECHTE : Minderheiten unter Druck

Anhörung zu verdrängten Ethnien und bedrohten Völkern

03.12.2018
2023-08-30T12:34:38.7200Z
2 Min

"Verdrängte Ethnien - bedrohte Völker" lautet der Titel einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses, in vergangene Woche Wissenschaftler und Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen mit den Abgeordneten diskutiert haben. Neben der ethnischen und religiösen Dimension des Problems und der Vielzahl an Verfolgungen von Minderheiten auf der Welt ging es in der Veranstaltung auch um die Frage, wie Demokratien mit zunehmenden "Ideologien der Ungleichheit" und "kulturellen Schließungstendenzen" umgehen können.

Heiner Bielefeldt (Universität Erlangen-Nürnberg) warnte davor, das Thema verfolgter Gruppen insofern zu verkürzen, dass Menschenrechte nur Minderheiten betreffen würde. Die Frage des Umgangs mit Minderheiten sei immer auch eine Testfrage, wie es um eine Gesellschaft insgesamt bestellt sei.

Ulrich Delius (Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.) machte darauf aufmerksam, dass das Problem auch, aber nicht in Verfolgung bestimmter Gruppen bestehe. So seien weltweit rund 450 Millionen Angehörigen indigener Völker auch durch wirtschaftliche, geografische, klimatische Faktoren bedroht und durch gesellschaftlichen Wandel, Generations- und Rollenkonflikte herausgefordert.

Schwester Hatune Dogan (Hatune Foundation, Warburg) schilderte aus eigenem Erleben die Zurücksetzungen und Diskriminierung ihrer Familie als aramäische Christen in der Türkei. Sie erinnerte daran, dass Christen vor Jahrhunderten im Nahen Osten die Mehrheit gestellt hätten und heute allenfalls noch wenige Prozente der Bevölkerung, "und die werden auch nicht in Ruhe gelassen".

Gudrun Hentges (Universität zu Köln) machte auf die Vielgestaltigkeit der "Ideologien der Ungleichheit" von religiösem Fundamentalismus über Rassismus bis hin zum Antisemitismus aufmerksam. Solche Formen "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit" - ein Begriff des Erziehungswissenschaftlers Wilhelm Heitmeyer - nähmen mit der Konjunktur extrem rechter Parteien auch in Europa zu.

Mouhanad Khorchide (Universität Münster) warb für eine differenzierenden Blick: Während der ägyptische Mufti die Pflicht von Muslimen hervorhebe, Christen den Bau von Kirchen zu ermöglichen, gäbe es andere islamische Geistliche, die zur Zerstörung christlicher Kirchen auf der arabischen Halbinsel aufrufen.

Michael Reder (Hochschule für Philosophie München) sprach mit Bezug auf den Philosophen Jürgen Habermas von "kulturellen Schließungstendenzen", in denen die Sehnsucht nach Homogenität und Festigkeit zum Ausdruck kämen. In der globalisierten und pluralistischen Gegenwart könne man zu solchen Konzepten aber nicht mehr zurück, sagte Reder.

Thomas Schirrmacher (Internationales Institut für Religionsfreiheit) argumentierte, dass die Demokratie nicht am "banalen Vollzug einer Mehrheitswahl" gemessen werde, sondern am Schut von Minderheiten. Es sei wieder und wieder schockierend, welche ungeheure Energie und Zeit Staaten und Gruppen weltweit darauf verwendeten, "Minderheiten madig zu machen" und dafür zu sorgen, dass es anderen nicht gut gehe.