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Parlamentarisches Profil : Der Digitalexperte: Maik Beermann

03.12.2018
2023-08-30T12:34:39.7200Z
3 Min

V ormittags tuckert der Traktor GPS-gesteuert über den Acker. Nachmittags muss der Fahrer immer mal wieder selbst lenken. Nach Schulschluss werden derart viele Smartphones eingeschaltet, dass das Funknetz schnell überlastet ist. So kann es gehen, wenn man auf dem platten Land nahe Nienburg an der Weser lebt.

Der gelernte Bankkaufmann und CDU-Bundestagsabgeordnete Maik Beermann (37) wohnt dort in Wendenborstel mit Frau und drei Töchtern auf dem elterlichen Hof. Den in seinem Wahlkreis grassierenden Internet-Frust kann er gut nachvollziehen. In Berlin ist er mit der Thematik ohnehin vertraut. Für seine Fraktion sitzt er als Obmann im Ausschuss "Digitale Agenda". Beermann setzt auf das künftige 5G-Netz. Das Tauziehen um die Vergaberichtlinien ist jedoch noch voll im Gange.

Auch Beermann wartet mit Schelte auf: "Zwar sollen 98 Prozent aller Haushalte mit dem 5G-Netz erfasst werden. Aber das sagt noch nichts über die Situation im dünn besiedelten ländlichen Raum aus, wo 98 Prozent etwa 75 bis 80 Prozent der Fläche entsprechen." Funklöcher drohten vor allem deshalb, weil die Telekommunikationsunternehmen ihre Infrastruktur nicht anderen Anbietern verpflichtend gegen Miete zur Verfügung zu stellen haben. Dieses National-Roaming müsse die Bundesnetzagentur aber verbindlich anordnen können, um eine flächendeckend bessere Netzversorgung zu generieren, auch wenn die Änderung des TK-Gesetzes in diesem Bereich angestrebt wird. Telekom, Vodafone und Telefónica/O2 machen dagegen Front.

Einer seiner Lieblingssätze: "Die Steinzeit ist nicht an einem Mangel an Steinen zu Ende gegangen." Soll heißen: Die Steinzeit wurde durch neue Fertigkeiten und Techniken überwunden. Einen solchen "grundlegenden Umbruch" sieht er auch jetzt: "Mit der digitalen Transformation und der Künstlichen Intelligenz beginnt zweifellos ein ganz neues epochales Zeitalter."

Er sieht die Politik in der Verpflichtung, die Menschen dabei mitzunehmen. Das bedeute etwa, ihnen Ängste zu nehmen. "Der Arbeiter an der Maschine soll nicht um seinen Job fürchten müssen, sondern eher in Aussicht haben, dass er die Maschine einmal selbst programmiert." Wobei für ihn klar ist: "In jedem Beruf muss man heute immer wieder neue Fähigkeiten erlernen", was Beermann als echte Chance sieht.

Bei der Umsetzung der digitalen Agenda der Bundesregierung misst Beermann nicht zuletzt einem Punkt ein besonderes Gewicht zu: e-Government. Der rasche Ausbau der elektronischen, digitalen Verwaltung könne "Vorbildfunktion" haben.

Noch heikler als beim digitalen Netz sind die Befindlichkeiten bei einem anderen Netz: Die Trasse zum Stromtransport von den Windkraftanlagen im Norden in den Süden der Republik verläuft durch seinen Wahlkreis. "Wird sie zugunsten des einen um 600 Meter verlegt, rückt sie bei dem anderen vielleicht um 100 Meter näher ans Haus." Unterirdische Kabel? Ein Streitpunkt dabei: "Auch dafür wollen die Landwirte dauerhafte Entschädigungszahlungen, weil sie geltend machen, dass sie beim Trassenbau oder bei Reparaturen ihre Äcker nicht nutzen können."

Gibt es überhaupt eine Lösung im Gefeilsche um die Stromtrassen? Beermann windet sich, möchte wohl am liebsten "Jein" sagen. Laut merkt er lapidar an: "Der Strom muss ja in den Süden." In jedem Fall kritisiert er: "Das Pferd wurde von hinten aufgezäumt: Erst die Windkraftanlagen bauen, dann den Leitungsbau angehen."

Mit 19 Jahren ging Beermann in die Kommunalpolitik, ist heute stellvertretender Landrat. Seit 2013 mischt er in der Bundespolitik mit und sieht durchaus Verknüpfungen - zum Beispiel das Unterhaltvorschussgesetz. Es gilt jetzt bis zum 18. statt bis zum 12. Lebensjahr: "Das bedeutet für den Landkreis mehr Ausgaben und mehr Personal." Er sagt: "Ich bin sehr viel in meinem Wahlkreis unterwegs." Das koste so viel Zeit, dass er den Dirigentenstab des Tambourmajors beim Spielmannszug abgegeben habe. Wenn er doch mal etwas Luft hat, setzt er sich an sein Schlagzeug: "Aber nur, wenn meine Familie nicht da ist."