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wohnungspolitik : Die E-Frage

Der Bundestag debattiert über den Umgang mit steigenden Mieten

15.04.2019
2023-08-30T12:36:20.7200Z
3 Min

Nach den bundesweiten Demonstrationen mit zehntausenden Teilnehmern hat die Diskussion über den Umgang mit steigenden Wohnungsmieten an Dynamik gewonnen. Der Bundestag befasste sich in der vergangenen Woche in einer um extra Redezeiten erweiterten Aktuellen Stunde mit der Problematik. Dabei hörten Abgeordnete und Publikum vor allem bei der Positionierung der einzelnen Fraktionen zu einer eventuellen Enteignung von Wohnungskonzernen genau hin.

Unmittelbar zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutlich gemacht, dass sie eine Enteignung nicht für das geeignete Mittel hält, um die Situation auf Immobilienmärkten in Ballungsräumen zu entspannen. Die Parlamentarische Staatssekretärin der Justiz und für Verbraucherschutz, Rita Hagl-Kehl (SPD), führte diese Position der Bundesregierung fort und legte geplante, eingeleitete und umgesetzte mietenpolitische Maßnahmen dar - unter anderem eine Verlängerung der Mietpreisbremse und ein Bestellerprinzip auch bei Immobilienkauf (analog zur Regelung bei Vermietungen). Letzteres könne dazu beitragen, dass sich junge Menschen möglichst frühzeitig für Wohneigentum entscheiden. Ein Anliegen, dem auch mit dem Baukindergeld Nachdruck verliehen werden soll, wie der Parlamentarische Staatssekretär im Bauministerium, Marco Wanderwitz (CDU), ergänzte. Er hob für den Baubereich weiter auf Bemühungen ab, die Wohnbauprämie attraktiver zu gestalten sowie die Vorhaben bei der Baulandakquirierung. Wanderwitz erinnerte außerdem daran, dass es neben der angespannten Situation in Ballungsräumen Regionen gebe, aus denen die Menschen abwanderten. Auch die angestrebte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sei somit eine Antwort auf Mietpreissteigerungen.

Bernhard Daldrup (SPD) sagte ebenfalls, Enteignung sei keine Antwort auf die derzeitige Situation, die allerdings so nicht weitergehen könne: Eigentum verpflichte auch. Daldrup plädierte für einen "New Housing Deal", einen Pakt für bezahlbares Wohnen, mit dem Ziel einer Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum. Öffentliche und private Akteure müssten dabei zusammenwirken.

Verwaltung des Mangels Tino Chrupalla (AfD) verwies auf Fehler in der Vergangenheit - etwa den Verkauf von kommunalen Wohnungsbeständen in den Jahren nach 2000, beispielsweise in Dresden oder in Berlin. Der Zustrom auf Städte wirke sich auf Mietpreise aus. Die Zeche müssten Steuerzahler zahlen, so Chrupalla. Nicht zuletzt erforderten die zahlreich nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge massiven Neubau. Der Abgeordnete plädierte unter anderem für Maßnahmen gegen "asoziale Immobilienspekulanten" und die Rückführung nicht anerkannter Flüchtlinge, um zu Lösungen in der Wohnungsfrage zu kommen.

Für die FDP-Fraktion sprach sich Christian Lindner vehement gegen Enteignungen aus. Damit werde keine einzige neue Wohnung geschaffen. Neubau sei aber das einzige Mittel, um die Situation auf den Märkten. Derzeit treffe nun einmal eine hohe Nachfrage auf knappes Angebot. "Eine Enteignung, wie sie jetzt wieder in die Debatte eingebracht wird, führt nur dazu, dass der Mangel anders verwaltet wird", sagte Lindner. Er plädierte dafür, Energiekosten zu senken, in Landesentwicklungsplänen Siedlungsflächen vorzuhalten, Bauland auszuweisen, nachzuverdichten und aufzustocken. Gerade in Berlin gebe es Fälle, in denen zugunsten von Parks auf Bauland verzichtet werde.

Dietmar Bartsch (Die Linke) sprach von der Angst der Menschen, ihre Wohnung zu verlieren. Die derzeitige Situation zeige, dass der Markt nicht alles regele. Er warf anderen Parteien vor, dafür gesorgt zu haben, dass die Verantwortung für sozialen Wohnungsbau an die Länder übergegangen ist. Die Linke sei dagegen gewesen. Nun würden die Menschen nur noch den Ausweg Enteignung sehen - auch wenn so keine einzige neue Wohnung entstehen würde. Nach seinen Worten würde eines solche Maßnahme den Haushalt des Landes Berlin überhaupt nicht belasten, wenn man es rechtlich vernünftig organisiert. Wohnen bleibe ein Menschenrecht, man solle sich nicht dem Gesetz der Spekulanten beugen, sagte Bartsch.

Auch Katrin Göring-Eckardt (Grüne) befand Enteignung als denkbares allerletztes Mittel; es stehe im Grundgesetz und es sei auch möglich gewesen, dass Menschen zwangsumgesiedelt werden, für Straßenbauprojekte enteignet oder Banken verstaatlicht werden. Mit Enteignung aus Zeiten des Sozialismus habe das nichts zu tun, sagte die Abgeordnete. Göring-Eckardt kritisierte zugleich die Maßnahmen der Bundesregierung wie das Baukindergeld. Es löse reine Mitnahmeeffekte aus, Großinvestoren profitierten, das Geld fehle an anderer Stelle.