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Manfred Weber »Ich will ein neues Kapitel für Europa aufschlagen«

29.04.2019
2023-08-30T12:36:21.7200Z
2 Min

Herr Weber, was würden Sie als Erstes anpacken, wenn Sie Kommissionspräsident wären?

Ich will gemeinsam mit den Bürgern ein neues Kapitel für Europa aufschlagen. Ein Europa, das wir mutig, optimistisch und ambitioniert anpacken; aber auch ein Europa, das kein abgehobenes Projekt sein darf. Mir ist wichtig, dass wir Europa von den Menschen her denken, nicht aus den Amtsstuben. Das heißt, dass wir uns den Themen widmen, die die Menschen bewegen - etwa dem Thema Sicherheit mit seinen vielen Facetten, Migration, Identität, die Grenzen Europas, die Wohlstandssicherung oder die Veränderungen durch die Digitalisierung oder den Klimawandel. Und ganz konkret: Ich möchte erreichen, dass die Hälfte meiner Kommission aus Frauen besteht.

Was antworten Sie jungen Wählern auf die Frage, welche Vorteile die EU ihnen bringen kann?

Die junge Generation wächst mit vielen Vorzügen Europas auf - Frieden, Freizügigkeit, Wohlstand, Stabilität und offene Grenzen. Die jungen Europäer können in alle EU-Länder reisen, an anderen Universitäten studieren oder im EU-Ausland arbeiten. Heute ist die wichtigste Frage: Wie können wir unseren European Way of Life in der globalisierten Welt sichern? Angesichts der riesigen Herausforderungen muss Europa zusammenstehen, wenn wir nicht zum Spielball anderer werden wollen.

Was sollte die Europäische Union unbedingt besser machen?

In Gesprächen höre ich viel Zustimmung zur Zusammenarbeit in Europa, spüre aber auch, dass die EU als kaltes Projekt der Technokraten und Eliten wahrgenommen wird. Europa muss lebendiger werden, transparenter und demokratischer. Oft fehlt Empathie, der Blick zum Nachbarn, welche Probleme beispielsweise die Süd- oder Ostländer haben. Doch wir können stolz sein: Eine gute Wirtschaftsentwicklung, Finanz- und Migrationskrise bewältigt und beim Klimaschutz sind wir Vorreiter.

Wie können die Staaten der Eurozone mit ihren großen wirtschaftlichen Unterschieden einander angeglichen werden?

Zuerst ist eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik Sache der Staaten selbst. Sie tragen die Verantwortung für ihre Arbeitsmärkte, Sozialsystem und Staatsfinanzen. Aber: Mein Ziel ist auch, dass das Modell der sozialen Marktwirtschaft europaweit greift und dazu gehört die Solidarität. Es kann nicht sein, dass die Chancen massiv unterschiedlich verteilt sind. Deshalb will ich für mehr Fairness in Europa sorgen. Aber nicht mit neuen Umverteilungsverwaltungen oder einer Schuldenunion. Wir können vieles über die Strukturförderpolitik, Technologieförderung oder eine EU-weite Arbeitsvermittlung verbessern. Je gezielter, desto besser. Um die Eurozone dauerhaft krisenfest zu machen, muss der Kurs aus Reformen, Konsolidierung und Investitionen fortgesetzt werden.

Ist der Brexit ein Super-Gau oder eine Chance für Europa?

Der Brexit ist eine Tragödie. Gemeinsam sind wir so viel stärker. Wir müssen aufpassen, dass die Unsicherheit nicht auf die gesamte EU überschwappt. Jeder kann sehen, welche Probleme für die Briten entstehen. Die Menschen spüren, wie wichtig die EU ist.