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Ska Keller »Die EU darf nicht so bleiben, wie sie ist«

29.04.2019
2023-08-30T12:36:21.7200Z
2 Min

Frau Keller, was würden Sie als Erstes anpacken, wenn Sie Kommissionspräsidentin wären?

Klimaschutz hier und jetzt! Es gibt nur noch ein sehr begrenztes Zeitfenster, in dem wir etwas tun können, um den Klimawandel aufzuhalten. Deshalb ist es wichtig, Klimaschutz nicht auf die lange Bank zu schieben, damit Hochwasser oder anhaltende Dürreperioden nicht zur dauerhaften Bedrohung werden. Es geht darum, dass Europa in der Welt jetzt die Führungsrolle beim Klima-, Umwelt- und Artenschutz übernimmt. Nur, wenn wir in Europa ökologischen Fortschritt mit sozialem Ausgleich verbinden, können wir die Klimakrise noch rechtzeitig abwenden.

Was antworten Sie jungen Wählern auf die Frage, welche Vorteile die EU ihnen bringen kann?

Europa ist der Ort, an dem wir gemeinsam die Weichen für die Zukunft stellen. Egal ob es um Klimawandel geht oder um Digitalisierung - nur mit einem starken und solidarischen Europa haben wir die Kraft, unsere Zukunft zu gestalten. Dafür darf die EU aber nicht so bleiben, wie sie ist. Wenn Europa nicht in einen gefährlichen Nationalismus zurückfallen soll oder vor der Globalisierung kapitulieren, müssen wir den Zusammenhalt in Europa stärken und die EU neu begründen.

Was sollte die EU unbedingt besser machen?

Europa muss beim Klimaschutz vorangehen und es muss sozialer und demokratischer werden. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass Europa sie nicht hängen lässt. Das gilt für die vielen arbeitslosen Jugendlichen in Griechenland genauso wie für die Menschen in Rumänien, die gegen Korruption und die politische Gängelung des Rechtsstaats auf die Straße gehen. Das europäische Versprechen auf Frieden, Wohlstand und Freiheit darf keine leere Floskel bleiben. Die EU muss den sozialen Zusammenhalt und unsere gemeinsamen demokratischen Grundwerte und überall in Europa stärken.

Wie können die Staaten der Eurozone mit ihren großen wirtschaftlichen Unterschieden einander angeglichen werden?

Wir brauchen ein soziales und gerechtes Europa, das die soziale Sicherheit erhöht und Abstiegsängste mindert. Dafür brauchen wir soziale Mindeststandards und Mindestlöhne in allen Staaten der EU. Aber das reicht nicht. Wir müssen aber auch massiv in Europas Zukunft investieren: in Schulen, in schnelles Internet, in die ökologische Modernisierung der Wirtschaft. Damit stärken wir den sozialen Zusammenhalt in Europa und verbessern das Leben der Menschen in strukturschwachen Regionen. Damit wir das verwirklichen können, müssen wir Steuerschlupflöcher schließen und dafür sorgen, dass große Digitalkonzerne wie Amazon genauso ihre Steuern zahlen wie die Buchhändlerin vor Ort.

Ist der Brexit ein Super-Gau oder eine Chance für Europa?

Der Brexit ist eine Tragödie, bei der alle Seiten verlieren werden. Klar. Die EU wird den Austritt Großbritanniens meistern. Aber uns steht ein schmerzhafter Trennungsprozess bevor. Wir werden alles dafür tun, dass der Frieden in Nordirland durch den Brexit nicht gefährdet wird.