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Gastkommentare - Contra : Die Szene im Visier

Rechtsradikales Risiko unterschätzt?

01.07.2019
2023-08-30T12:36:24.7200Z
2 Min

E s ist schnell dahin gesagt, die Behörden hätten die Gefahr unterschätzt. Vor allem, wenn ein politisch motivierter Mord die Republik so sehr erschüttert wie der an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können, muss im Zuge der Ermittlungen klipp und klar beantwortet werden. Und dann gilt es, gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen.

Ohne Zweifel waren die Behörden auf dem rechten Auge blind bei der Mordserie des NSU. Mehr noch, die Sicherheitsdienste haben seinerzeit bewusst in falsche Richtungen ermittelt, Informationen nicht zusammengeführt, Akten vernichtet. Seit Untersuchungsausschüsse das aufgedeckt haben, weiß freilich jeder: Rechter Terror steht nicht im Märchenbuch. Die Gefahr ist real und sie ist größer geworden. Dass sie von den Behörden inzwischen ernst genommen wird, zeigen zahlreiche Großrazzien gegen Rechtsextreme sowie die Enttarnung gewaltbereiter Gruppen in Sachsen.

Viel passiert ist zudem bei der Struktur der Dienste. Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde für den Kampf gegen den Rechtsextremismus gestärkt, der Informationsfluss zwischen Behörden verbessert und das gemeinsame "Terrorabwehrzentrum rechts" auf- und ausgebaut. Die Behörden haben die Szene im Visier. Sie sind deshalb aber nicht frei von Fehlern. Lückenlosen Schutz gibt es auch gegen rechtsextreme Gewalt nicht.

Deswegen ist immer wieder nachzujustieren. Vor allem, was die Analysefähigkeit und die Herausforderung durch soziale Netzwerke angeht. Auch Rechte organisieren sich heute digital, nicht mehr nur konspirativ in Hinterzimmern. Die Täter hinterlassen nun mal keine Bekennerschreiben mehr.