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MENSCHENRECHTE : Mühsamer Kampf

Experten fordern Stärkung der internationalen Strafgerichtsbarkeit

30.09.2019
2023-08-30T12:36:27.7200Z
2 Min

Weltweit immer mehr gewaltsame Konflikte, Menschenrechtsverletzungen und Repressionen gegen Menschenrechtsverteidiger, die ungeahndet bleiben - in einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses in der vergangenen Woche zeigten sich Experten besorgt über das wachsende Phänomen der Straflosigkeit und sprachen sich für eine Stärkung der internationalen Strafgerichtsbarkeit aus.

So forderte der internationale Strafrichter Christoph Flügge, insbesondere die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag zu verbessern, "wenn man die Forderung nach einem Ende der Straflosigkeit ernst meint". Diese Auffassung teilte auch der Strafrechtsprofessor Christoph Safferling: Eine Ursache für die "aktuelle Krise" des IStGH sieht er in der Unvereinbarkeit der unterschiedlichen Rechtsordnungen von Völkerrecht und Strafrecht. Auch die Verfahrensordnung des Gerichtshofes sei "rudimentär". Carsten Stahn, Professor für Internationales Strafrecht und Globale Gerechtigkeit an der Universität Leiden, gab zu bedenken, dass das Strafrecht ein "mühsames und nicht immer das beste Mittel" sei, um Konflikte zu lösen. Um Straflosigkeit erfolgreicher zu bekämpfen, brauche es eine stärkere Kooperation zwischen dem internationalen Menschenrechtsschutz und der internationalen Strafgerichtsbarkeit. Deren Institutionen in New York, Genf und Den Haag überschnitten sich oft in ihrer Arbeit. Es gelte künftig sicherzustellen, dass sie sich besser ergänzen.

Sonderfall Libyen Auf akute Probleme internationaler Strafgerichtsbarkeit lenkte Omar Shatz, Völkerrechtsdozent an der Elitehochschule Science Po in Paris, den Blick: Aufgrund der Zusammenarbeit von EU und libyscher Küstenwache in der Migrationspolitik fänden in Libyen kaum Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes statt, monierte er, obwohl die Verbrechen gegen "Migranten im Transit" gut dokumentiert seien. "Tötungen und Folter seien weitverbreitet, Libyen sei ein Marktplatz für Menschenhandel" geworden, zitierte Shatz die Chefanklägerin des IStGH, Fatou Bensouda. Beteiligt daran seien letztlich auch "EU-Vertreter, einschließlich Vertreter der Bundesrepublik Deutschland", urteilte Shatz - durch ihre Zusammenarbeit mit Libyen. Anna von Gall, Expertin für "sexualisierte und geschlechterspezifische Gewalt" mahnte, um Straflosigkeit zu bekämpfen, sei es unerlässlich, auch Menschenrechtsverteidiger "angemessen" zu schützen. In diesem Zusammenhang müsse sich Deutschland "die Konsequenzen seiner Rüstungsexporte bewusst machen".

Alfred M. de Zayas, Professor für Internationales Recht in Genf, wies darauf hin, dass bei der Bekämpfung von Straflosigkeit die Prävention von Kriegen eine zentrale Rolle spiele. Dringender als die Ahndung von Kriegsverbrechen sei die "Reparation und Rehabilitation" der Opfer.

Zygimantas Pavilionis, Vize-Vorsitzender des Ausschusses für Europäische Angelegenheiten des litauischen Parlaments, warb dafür, dass weitere EU-Staaten dem Beispiel Litauens folgen und an dem US-amerikanischen "Magnitzky Act" orientierte Gesetze verabschieden, um Menschenrechtsverletzer zu bestrafen. Wenn ihnen die Einreise verweigert werde oder Konten eingefroren würden, sei das für sie eine "echte Bedrohung", sagte Pavilionis. So könne Europa ein Signal für Demokratie, Menschenrechten und die Bekämpfung von Straflosigkeit setzen.