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Bürokratie : Beleg-Druck

Union will Bäcker von Bon-Pflicht befreien. SPD hält an der Regelung fest

16.12.2019
2023-08-30T12:36:32.7200Z
4 Min

Kleine Zettel - große Aufregung: Die Unionsfraktion macht starken Druck auf das Bundesfinanzministerium, um die vom kommenden Jahr an anstehende Belegausgabepflicht für Bäckereien, Fleischereien sowie im Obst- und Gemüsehandel soll nach dem Willen der Unionsfraktion doch noch zu verhindern. Dies machten Redner der Unionsfraktion am Freitag in einer Debatte des Bundestages über einen von der FDP-Fraktion eingebrachten "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung - Gesetz zur Verhinderung einer Bon-Pflicht für Bäcker" (19/15768) deutlich. Die SPD-Fraktion verteidigte dagegen die Regelung und verwies auf hohe Steuerausfälle durch Betrügereien von Betrieben. Der SPD-Finanzexperte Lothar Binding sagte: "Wir brauchen die Belegausgabepflicht."

Nachbesserung Hans Michelbach (CSU) bezeichnete es als "ungeheuerlich", dass Handwerker und andere Dienstleister unter Generalverdacht der Steuerhinterziehung gestellt werden sollten. Um gegen einzelne schwarze Schafe vorzugehen, habe man das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an Registrierkassen beschlossen, das auch eine Belegausgabepflicht enthalte. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebe es aber eine Ausnahmevorschrift von der Belegausgabepflicht. "Da hakt es offenbar, und die Bürokratie hat überdimensional in einem Anwendungserlass zugeschlagen. Der Anwendungserlass ist nicht der Wille des Gesetzgebers. Der wird nicht vom Willen des Gesetzgebers gedeckt", erklärte Michelbach.

Ein neues Gesetz, wie es die FDP es wolle, sei aber nicht notwendig. Es sei jedoch nicht akzeptabel, "dass Bundesfinanzministerium und Finanzämter den erklärten Willen des Gesetzgebers hintertreiben. Deswegen fordere ich das Bundesfinanzministerium auf, den entsprechenden Anwendungserlass nachzuarbeiten", erklärte Michelbach. Mit einem neuen Erlass, der mit den Ländern abzusprechen sei, müssten Einkäufe über eine kleine Summe und bei kleinen Betrieben von der Belegausgabepflicht ausgenommen werden. Auch Fritz Güntzler (CDU) erklärte, das, was gerade passiere, "ist nicht durch den Gesetzgeber intendiert worden".

Ingrid Arndt-Brauer (SPD) vereidigte hingegen die Regelung und die Belegpflicht. Schon 2014 habe der damalige NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) von einem Steuerausfall von zehn Milliarden Euro in diesem Bereich gesprochen. Nach zahlreichen Hinweisen auf Manipulationen an Kassensystemen sei klar geworden, dass wir es mit einem "großen Problem" zu tun haben und man habe handeln müssen. "Mit der Belegpflicht kann eine Kassennachschau relativ leicht durchgeführt werden", so Arndt-Brauer. Damit werde jeder Vorgang dem Kunden mitgegeben. Ein Beleg könne zum Beispiel auch auf eine Brötchentüte aufgedruckt werden. "Das Gute-Kassen-Gesetz braucht keine FDP. Es ist schon gut genug", so Arndt-Brauer.

Auch Jörg Cezanne (Die Linke) verwies auf den Steuerbetrug in erheblichem Ausmaß und "Geldwäsche, die in Einzelfällen bis hin zur Finanzierung von Terrorismus reicht. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden". Er verwies auf Manipulationsmöglichkeiten an den Kassen wie mit einer weit verbreiteten Schummel-Software. Außerdem gebe es weiterhin Kassen ohne Registrierpflicht. Der "Schuhkarton unter der Ladentheke als Kasse" sei weiter zulässig. Und sei das eigentliche Problem.

Ein "schlechtes Politikmanagement" attestierte Danyal Bayaz (Grüne) der Bundesregierung. "Eine Bon-Pflicht wäre nicht nötig, wenn wir es schaffen, die Betrugssicherung digitaler Grundaufzeichnungen von Kassen umzusetzen", so Bayaz. Bisher gebe es die entsprechenden Kassensysteme nicht. Es gehe nicht nur um einen Espresso oder um eine Brezel, sondern konkret um Steuerausfälle in Milliardenhöhe. Dass Bäckereien Kassenbons drucken sollen, "ist ärgerlich genug, aber das wirkliche Ärgernis ist doch, dass die Ehrlichen bei diesem unfairen Wettbewerb auf der Strecke bleiben". Wenn Unternehmen nachweisbar eine zertifizierte Kasse nutzen, sollten sie von der Belegausgabepflicht befreit werden, forderte Bayaz.

Stefan Keuter (AfD) erwies auf Berechnungen des Einzelhandels, wonach eine Aneinanderreihung der Belege eine Länge von zwei Millionen Kilometern pro Jahr ergebe. Damit könne man die Bons fünfzigmal um die Erde legen. Man rede vom Verzicht auf Plastikstrohhalme, und hier würde riesige Papier- und Müllberge produziert. Es handle sich außerdem um eine "weitere Kontrolle des mündigen Bürgers". Keuter sprach einen seiner Ansicht nach "drohenden Interessenkonflikt" an, da die SPD offenbar eine größere Beteiligung an einem Unternehmen halte, das solche Kassenzertifizierungen durchführe.

"Interessant und bemerkenswert" fand auch Christian Dürr (FDP-Fraktion), dass die SPD-Holding Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) zu fast 50 Prozent an einem Hersteller für Kassenbondruckmaschinen beteiligt sei. Die besonders von der SPD verteidigte Belegausgabepflicht sei eine "Politik des großen Misstrauens gegen den Mittelstand". Dürr erklärte, obwohl die Bundesregierung gerade ein Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg gebracht habe, schaffe sie im nächsten Atemzug neue Bürokratie. Nach Maßnahmen wie Arbeitzeiterfassungsgesetz und Mindestlohndokumentationspflicht komme jetzt als "nächster Kalauer" die Belegausgabepflicht. Weniger als drei Prozent der Kunden würden einen Kassenzettel wünschen. Die Regierung zwinge allein die Bäcker, fünf Milliarden Bons pro Jahr zusätzlich auszudrucken. Das ergebe die zweieinhalbfache Wegstrecke zum Mond.

FDP will Befreiungmöglichkeit Die FDP-Fraktion will mit ihrem vom Bundestag an den Finanzausschuss überwiesenen Gesetzentwurf vor allem die Bäckereibetriebe von der ab Anfang Januar 2020 drohenden Pflicht zur Ausgabe von Kassenbelegen befreien. Die Finanzbehörden sollen im Fall der Nutzung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung beim Verkauf von Waren und der Erbringung von Dienstleistungen an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen eine Befreiung von der Pflicht zur generellen Ausgabe von Belegen aussprechen können, fordert die Fraktion.