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fahrverbote : Zu schnell unterwegs

AfD und FDP halten die neuen Regelungen für unverhältnismäßig. Auch die Union sieht teilweise Korrekturbedarf

18.05.2020
2023-08-30T12:38:17.7200Z
3 Min

Kaum in Kraft gesetzt, wird der Ruf nach Korrekturen der neuen Bußgeldkatalog-Verordnung laut. So laut, dass sich auch der Bundestag vergangene Woche mit dem Thema beschäftigt hat. Hauptkritikpunkt sind die in der Verordnung vorgesehenen Fahrverbote bei Geschwindigkeitsüberschreitungen. Bei 21 km/h zu viel innerorts und 26 km/h mehr als erlaubt außerorts droht sofort ein Fahrverbot für einen Monat. Zuvor lagen die Grenzwerte bei 31 km/h beziehungsweise 41 km/h.

AfD und FDP fordern nun die Bundesregierung auf, gegenüber dem Bundesrat, der die Verordnungsvorlage aus dem Bundesverkehrsministerium mit den Fahrverbots-Regelungen verschärft hat, auf Änderungen zu dringen. Die AfD verlangt in ihrem Antrag (19/19157) die "Rückkehr zur alten Bußgeldkatalog-Verordnung" mit Ausnahme jener Teile, "die sich auf das innerörtliche Rechtsabbiegen von Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen an Stellen, an denen mit Rad- und Fußgängerverkehr gerechnet werden muss, sowie die unerlaubte Nutzung einer Rettungsgasse, beziehen". Auch die FDP-Fraktion will die "Führerscheinfalle" abgeschafft wissen und kritisiert zudem Bußgelderhöhungen bei Haltevergehen sowie bei der Fahrradnutzung auf Gehwegen (19/19128).

Aktiv geworden ist inzwischen auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), der sich in der Debatte nicht äußerte, Medienberichten zufolge aber schon den Austausch mit der Länderkammer in Sachen Korrektur des Bußgeldkataloges gesucht hat.

Auch in der Unionsfraktion hält man die Fahrverbotsregelung für unverhältnismäßig. Björn Simon (CDU) machte jedoch deutlich, dass diese nicht aus der Feder des Verkehrsministers stamme, sondern vom Bundesrat einstimmig beschlossen worden sei. Simon kritisierte das Verhalten der FDP, die im Bundesrat prominent vertreten sei, der Verschärfung aber dennoch zugestimmt habe. Es sei richtig gewesen, dass Scheuer die Novelle dennoch in Kraft gesetzt habe. Bei Ablehnung des Paketes hätte man noch länger auf die Verbesserungen der Verkehrssicherheit warten müssen, die es in der Verordnung gebe, sagte Simon.

"Führerscheinfalle" Oliver Luksic (FDP) nannte die Bußgeld-Novelle "in weiten Teilen gut". So etwa bei den Themen Rettungsgasse, Fahrradzonen oder rechts abbiegende Lkws. Bei einmaligem "zu schnell Fahren" dürfe es jedoch nicht sofort zu Fahrverboten kommen. Schließlich könnten "Millionen von Menschen" in ihrer beruflichen Existenz betroffen sein. "Die Führerscheinfalle muss weg", forderte Luksic. Dieser Fehler, den auch die FDP mitbeschlossen habe, müsse korrigiert werden. Wolfgang Wiehle (AfD) verwies darauf, dass immer mehr Städte auf breiten Hauptstraßen temporäre Tempo-30-Zonen einrichten würden. In solch einer Tempofalle sei eine Überschreitung von 20 km/h schnell passiert. Ein darauf folgendes Fahrverbot bedeute für Handwerker, Taxifahrer oder Außendienstmitarbeiter den Jobverlust, gab er zu bedenken. "Der Bußgeldkatalog ist lebensfremd und ganz bestimmt nicht verhältnismäßig", sagte er, räumte aber ein, dass nicht alles darin falsch sei.

Bela Bach (SPD) erkannte hingegen keinen Bedarf für Veränderungen. Angesichts der hohen Zahl an Verkehrstoten und der Häufigkeit von Unfällen aufgrund unangepasster Geschwindigkeit sei die Verschärfung "längst überfällig", sagte sie. Mit der Erhöhung der Bußgelder werde ganz bewusst die generalpräventive Abschreckung verfolgt. "Es geht darum, die Fälle der Geschwindigkeitsüberschreitung so gering wie möglich zu halten", sagte Bach. Ihrer Auffassung nach kann von einem "Abkassieren" keine Rede sein. Es sei schließlich keiner gezwungen, zu schnell zu fahren.

Raser und Drängler Sabine Leidig (Die Linke) begrüßte es, dass die Bundesregierung die Bußgelder angehoben und einen zeitweisen Führerscheinentzug für Raser eingeführt habe. Gerecht sei das zwar immer noch nicht, bemängelte sie. AfD und FDP gehe aber selbst das schon zu weit. Sie stünden "auf die Seite der Rücksichtslosen". Weil Rasen Todesopfer fordere, sei ein Fahrverbot zumutbar, sagte Leidig. Wer "aus Versehen" mit 70 km/h durch das Wohngebietet fahre, "hat zu viel PS unter dem Hintern und ist mit Sicherheit kein armes Würstchen".

Wer seine Mitmenschen auf den Straßen durch "rücksichtsloses, widerrechtliches und unachtsames Fahren oder Parken" gefährde, müsse spüren, "dass das so nicht geht", sagte Daniela Wagner (Grüne). Sie wolle keineswegs, dass jemand seinen Führerschein verliert. Wer dies verhindern wolle, müsse sich einfach nur an die Regeln halten, sagte sie. Im Übrigen habe sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass notorische Raser und Drängler sich von Bußgeldern nicht beeindrucken ließen.