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Baupolitik : Streit um die sichere Bleibe

Koalitionszwist um ein Umwandlungsverbot von Wohnungen gefährdet Baugesetz-Novelle

12.10.2020
2023-08-30T12:38:24.7200Z
3 Min

Sie hat als einer der Meilensteine dieser Legislaturperiode gegolten - bis vor kurzem: Mit einer umfassenden Novelle des Baugesetzbuchs wollten die Regierungsfraktionen ein wirksames Instrument zum Stillen des Wohnungsbedarfs in Ballungsräumen liefern. Doch nachdem alles im Prinzip schon abgestimmt war zwischen CDU/CSU und SPD, verschwanden einige Passagen aus dem Entwurf, und jetzt gibt es Streit zwischen den Koalitionären. Die Auseinandersetzung über das Ob und Wie eines "Umwandlungsverbots" fachte die Linksfraktion in der vergangenen Woche mit einem Antrag (19/22594) an, der eine Aussprache im Bundestag nach sich zog.

Zankapfel sind Regelungen zum Mieterschutz und zum Zugriff von Gemeinden auf unbebaute Grundstücke, die erst im Entwurf standen und unlängst gestrichen wurden. So sollten Kommunen bei angespannter Marktsituation verhindern können, dass Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Mieter sollten so perspektivisch geschützt werden; außerdem sollte ein Baugebot sicherstellen, dass Brachflächen tatsächlich bebaut werden.

"Ich hoffe sehr, dass es jetzt keine Rolle rückwärts gibt", sagte der baupolititsche Sprecher der SPD-Fraktion, Bernhard Daldrup. Er habe im Moment das Gefühl, dass die Immobilienlobby in das Gesetzgebungsverfahren eingreift. Daldrup warf dem CDU-Abgeordneten Jan-Marco Luczak vor, ideologische Luftschlösser zu entwerfen. Umwandlungen förderten weder die Eigentumsbildung wesentlich, noch seien Baugebot und eine Verschärfung des Umwandlungsrechts Zwang, sondern Freiheit für die Kommunen.

Luczak selbst sprach bei der Debatte nicht. Sein Fraktionskollege Torsten Schweiger (CDU) erwiderte auch mit Blick auf den Linken-Antrag, die bestehenden Regelungen zum Milieuschutz würden bereits jetzt stark in die Rechte von Vermietern eingreifen. Ein generelles Umwandlungsverbot, wie es die Linke fordere, führe zu weniger Mietwohnungen und nicht zu mehr Wohnungen insgesamt. Schweiger warnte vor einem Vertrauensverlust bei Vermietern durch zu starke rechtliche Eingriffe.

Caren Lay (Die Linke) rechnete vor, dass in Berlin in den vergangenen vier Jahren 270.000 Wohnungen von Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt worden seien - Zahlen, die Redner der Unionsfraktion anzweifelten. Dahinter stehe ein Geschäftsmodell der Immobilienlobby, so Lay. Sie forderte darüber hinaus ein preislimitiertes Vorkaufsrecht für Kommunen: Diese sollen es innerhalb einer Frist von sechs Monaten zu einem sozialverträglichen Ertragswert anwenden und auf Eigentumswohnungen, Erbbaurechte sowie bei Verkäufen von Immobilienanteilen mittels Share Deals ausdehnen können.

Oppositionskritik Die AfD-Fraktion lehnte den Vorstoß ab. Anstatt sich Gedanken über Weg zu mehr Wohnraum zu machen, wolle Die Linke mehr oder weniger offen enteignen, sagte Udo Theodor Hemmelgarn. Seine Fraktion sei dagegen, Eigentumsbildung zu erschweren oder einigen Menschen Eigentum wegzunehmen. Für ihn zählt die Binnenmigratioin zum wirklichen Treiber für die Wohnungsknappheit.

Der FDP-Abgeordnete Daniel Föst warf Union und SPD vor, die Reform des Baugesetzbuches in den Sand gesetzt zu haben. "Die so hoch beschworene Wohnraumoffensive ist gescheitert." Dabei müsse dringend schneller und einfacher gebaut werden können, aber erneut scheitere eine Weichenstellung am Streit innerhalb der Koalition.

Die Worte von Daniela Wagner (Bündnis 90/Die Grünen) wiesen in eine ähnliche Richtung. Das Gezerre um die Novelle sei absurd und schädlich, sagte die Abgeordnete. Sie verwies auf den erheblichen jahrelangen Aufwand im Vorfeld vom Wohngipfel (siehe Kasten) bis zur Baulandkommission. Baugebote müssten erleichtert und Milieuschutzgebiete gestärkt werden, fasste Wagner die Position ihrer Fraktion zusammen. "So wird Bauland mobilisiert und bezahlbarer Wohnraum gesichert."

Der Antrag wurde im Anschluss der Debatte an den Bauausschuss zur weiteren Beratung überwiesen. Ob die Koalitionäre im Streit über das mit so viel Arbeit entwickelte Baulandmobilisierungsgesetz noch einen Kompromiss finden, scheint völlig offen. Zuletzt hatte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nachgelegt und erklärt, so wie der Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung gegeben worden sei, könne er nicht bleiben.