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Verteidigung : »Gedächtnisschwund vom Feinsten«

Abschlussdebatte zur Berateraffäre

09.11.2020
2023-08-30T12:38:25.7200Z
2 Min

Nach einem Jahr mit 17 Sitzungen und 41 Zeugenbefragungen, nach Durchforsten von mehr als 4.700 Akten, nach Erstellen eines 700 Seiten prallen Abschlussberichts erklang im Bundestag in der vergangenen Woche der Schlussakkord in dem als "Berateraffäre" des Verteidigungsministeriums bekannt gewordenen Komplex. Die Töne fielen nicht eben harmonisch aus, als die beteiligten Abgeordneten das Fazit ihrer Arbeit im Untersuchungsausschuss des Verteidigungsausschusses zogen.

Henning Otte (CDU) befand: "Viel Lärm um nichts." Die im Abschlussbericht gesammelten Erkenntnisse seien nicht sonderlich neu. Es habe falsche und unrechtmäßige Vergaben gegeben. Aber die Fehlleistungen seien schon bekannt gewesen. Das Verteidigungsministerium hatte darauf bereits reagiert. Der Aufwand eines Untersuchungsausschusses müsse sich auch am Ergebnis messen lassen: "Der Schuss ging daneben", stellte er fest.

Mit dieser Einschätzung blieb er jedoch allein. Nicht nur Rüdiger Lucassen (AfD) strich heraus, dass die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und ihre Entourage total versagt hätten. Die Ministerin hätte die Verantwortung für die Rechtsverstöße übernehmen und zurücktreten müssen, meinte er. Nur die AfD-Fraktion stimmte für ihren eigenen Antrag, "einer Staatssekretärin" das Ehrenkreuz der Bundeswehr zu entziehen. Das war gemünzt auf Katrin Suder, frühere Rüstungs-Staatssekretärin im Ministerium.

Siemtje Möller (SPD) erklärte, es seien "zum Teil unglaubliche Zustände" beim Umgang des Ministeriums mit den Beratern ans Licht gekommen. Und dies für Projekte, die für die Bundeswehr keinen Mehrwert generiert hätten. Das Vorgehen vieler Berater im Ministerium sei ungeheuerlich gewesen: "Gut, dass wir damit gründlich aufgeräumt haben."

Lukrative öffentliche Vergaben seien immer wieder bei denselben Freunden, Bekannten oder Weggefährten gelandet, kritisierte Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Von der Leyen habe die Tore für externe Berater sperrangelweit geöffnet. Wobei das System, das die rechtmäßige Vergabe gewährleisten sollte, versagt habe. Während der Untersuchungsarbeit seien die Abgeordneten auf "kollektiven Gedächtnisschwund vom Feinsten" gestoßen.

Matthias Höhn (Die Linke) hob auf das "Buddy-System" von Suder ab. Dies sei der Grund gewesen, weshalb von der Leyen sie ins Ministerium geholt habe. Er beanstandete, dass die frühere Ministerin in keiner Weise zur Verantwortung gezogen worden sei. Dies führe dazu, dass sich die Bürger "noch mehr und noch stärker von uns abwenden". Im Untersuchungsausschuss seien Tricks, Kniffe und Umgehungsstrategien aufgedeckt worden.

Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) hielt der Unions-Fraktion und der Bundesregierung "Gnosiophobie" vor, was er mit "panischer Angst vor Wissen" übersetzte. Bei von der Leyen machte er Führungsversagen aus. Es sei ihr nicht um die Einhaltung von Regeln für den Einsatz externer Ermittler gegangen, sondern um kurzfristige und öffentlichkeitswirksame Erfolge.