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EuropARAT : Abkehr vom Krisenmodus

Abgeordnete einigen sich auf neues Verfahren bei schweren Regelverstößen

03.02.2020
2023-08-30T12:38:12.7200Z
2 Min

Der liberale belgische Senator Hendrik Daems ist neuer Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats. Er war als einziger Kandidat für die Nachfolge der Schweizerin Liliane Maury-Pasquier angetreten und wurde vergangene Woche bei der Eröffnungssitzung der Winterversammlung in Straßburg ohne Abstimmung für gewählt erklärt. Der 60-Jährige übernimmt den Posten in einer schwierigen Zeit: 2017 erschütterte der Skandal um die "Kaviar-Diplomatie" Aserbaidschans die Versammlung. Das Land soll Mitglieder jahrelang mit kostbaren Teppichen, Kaviar und Millionensummen beeinflusst haben, darunter auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz und der ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner. Vergangene Woche durchsuchten Beamte im Auftrag der Frankfurter Staatsanwaltschaft Wohnungen, Geschäftsräume und das Abgeordnetenbüro von Strenz, nachdem ihre Immunität aufgehoben wurde (siehe Seite 8).

Seit der Annexion der Krim 2014 beschäftigte außerdem der Konflikt mit Russland die Parlamentarische Versammlung. Damals entzog sie der russischen Delegation unter anderem das Stimmrecht - die Russen reagierten mit Boykott und setzten ihre Zahlung an die Staatenorganisation aus. Erst 2019 erhielt Russland seine Stimmrechte zurück, trotz heftiger Proteste vor allem seitens der Ukraine.

Mit Blick auf die Krise der ältesten europäische Institution betonte Daems in seiner ersten Rede vor den 318 Abgeordneten, er wolle sich auf die Einheit des Europarats konzentrieren und versuchen, die in der Europäischen Konvention festgehaltenen Menschenrechte durchzusetzen. "Wir müssen alle an einem Strang ziehen." Als weiteren Schwerpunkt seiner Amtszeit nannte er den Klimaschutz.

Prinzipien Um in Zukunft besser auf Regelverstöße von Mitgliedstaaten, wie die Krim-Annexion, reagieren zu können, sprach sich die Parlamentarische Versammlung vergangene Woche mit großer Mehrheit für die Einführung eines neuen Verfahrens aus. Dieses sieht künftig ein gemeinsames Vorgehen der beiden Hauptgremien des Europarats, der Versammlung und des Ministerausschusses, sowie der Generalsekretärin oder des Generalsekretärs vor. Dabei solle es nur um die schwerwiegendsten Verstöße gegen grundlegende Prinzipien und Werte des Europarats gehen, heißt es in der Resolution. "Der Europarat ist gegründet, damit Staaten lernen und sich demokratisch weiterentwickeln. Wenn sie das aber nicht wollen, sondern das Gegenteil tun, dann muss der Europarat darauf Antworten haben", sagte Frank Schwabe (SPD), Vorsitzender der sozialistischen Fraktion, der Nachrichtenagentur dpa. Sollten die Regierungen dem neuen Verfahren ebenfalls zustimmen, sei es Mitte des Jahres nutzbar.

Kritiker sehen das neue Verfahren indes als zu schwach an. Der Europarat werde damit zu einem Wachhund ohne Zähne, urteilte etwa der ukrainische Abgeordnete Alexej Gontscharenko.

In der Parlamentarischen Versammlung des Europarats kommen viermal im Jahr Abgeordnete aus den nationalen Parlamenten der 47 Mitgliedstaaten zusammen, um über die Lage der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit in Europa zu debattieren. Bürger aller Mitgliedstaaten können vor dem zum Europarat gehörenden Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Einhaltung ihrer Menschenrechte fordern.

Eine Institution der Europäischen Union ist der 1949 gegründete Europarat nicht. Neben der Präsidentenwahl und der Resolution zu Regelverstößen standen bei der diesjährigen Wintertagung Debatten zur Lage in Libyen und der Türkei auf der Agenda.