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umwelt : »Nicht die Besserwisser der Welt«

Grüne ernten Widerspruch für Antrag zum europaweiten Atomausstieg

08.03.2021
2023-11-13T09:51:14.3600Z
2 Min

Die Bundesregierung soll sich auf europäischer Ebene für den Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie einsetzen: Das ist das zentrale Anliegen eines Antrags (19/27193) der Fraktion Bündnis 90/Grünen, über den der Bundestag wenige Tage vor dem zehnten Jahrestag der Reaktorkatastrophe von Fukushima debattiert hat. Dabei erinnerte Sylvia Kotting-Uhl (Bündnis 90/Die Grünen) zunächst an die 20.000 Toten, welche die Dreifachkatastrophe aus Erdbeben, Tsunami und Reaktorunglück am 11. März 2011 gefordert hatte. Zehn Jahre danach gebe es immer noch Menschen und Länder, die dem Atomlobbyismus erlägen. Kotting-Uhl appellierte an die Bundesregierung, zu ihrer "kraftvollen Haltung von 2011" zurückzukehren und sich auf europäischer Ebene gegen eine Renaissance der Atomkraft einzusetzen.

Diese Forderung stieß auf heftigen Widerspruch von Karsten Möring (CDU). Zwar sei es richtig, dass die Bundesrepublik aus der Stromerzeugung durch Kernkraft aussteige. Er halte es aber für "unvertretbar", mit einem "missionarischen Ansatz" andere Länder dazu zwingen zu wollen, der deutschen Politik zu folgen. Möring erklärte: "Wir sind doch nicht die Besserwisser der Welt!"

Ins gleiche Horn stieß Judith Skudelny (FDP). "Was Sie hier formulieren, ist schlicht und ergreifend arrogant", warf sie den Grünen vor. "Sie können doch nicht davon ausgehen, dass die Krönung der Intelligenz die Grünen-Fraktion im Deutschen Bundestag ist." Offenbar könnten sich die Antragsteller nur Machtgier, Naivität und Bestechlichkeit als Gründe für die Befürwortung der Kernkraft vorstellen, so Skudelny. So könne man nicht auf befreundete Demokratien wie Japan und Frankreich schauen, die sich für einen anderen Weg entschieden hätten.

Zusätzliche Schärfe erhielt die Debatte durch Rainer Kraft (AfD). Er attackierte Sylvia Kotting-Uhl in ihrer Funktion als Vorsitzende des Umweltausschusses, weil sie eine für den Vortag geplante öffentliche Anhörung über die Folgen der Katastrophe von Fukushima abgesagt habe - laut Kraft, weil ihr die von der AfD-Fraktion vorgeschlagene Expertin, die britische Forscherin Geraldine Thomas, nicht passe. Das beweise einmal mehr, dass Wissenschaft nicht unabhängig von der Politik sei, kritisierte Kraft. Kotting-Uhl sagte, sie habe Thomas kein Podium geben wollen, weil diese der Meinung sei, die Menschen in Tschernobyl hätten durch die Reaktorkatastastrophe keine Schäden davongetragen.

Nina Scheer (SPD) stellte fest, dass zwar die Investitionen in die Atomenergie in den letzten Jahren weltweit gesunken seien, dass aber immer noch mehr Forschungsgelder für die Atomkraft als für erneuerbare Energien ausgegeben würden. Ohne Ausstieg aus der Atomenergie werde es auch kein Ende der Atomwaffen geben. Ralph Lenkert (Die Linke) erinnerte daran, dass die Katastrophe von Fukushima hätte vermieden werden können, wenn der Betreiber sich an die Vorschriften gehalten und die Anlage auf Erdbebenstärke 8 angelegt hätte. Seine Schlussfolgerung: "Es war das Profitstreben, das zur Katastrophe führte.".