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Ex-Botschafterin in Washington im Zeugenstand : "Biden hat nie ein Geheimnis aus seiner Haltung gemacht"

Emily Haber hat im 1. Untersuchungsausschuss Afghanistan über die schwierige Zusammenarbeit mit der US-Administration während des Truppenabzugs berichtet.

15.12.2023
2024-02-26T16:48:44.3600Z
2 Min

In der letzten Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses Afghanistan in diesem Jahr hat die ehemalige deutsche Botschafterin in Washington D.C., Emily Haber, über die Schwierigkeiten mit der Trump-Administration während des Abzugs der internationalen Truppen berichtet. Ihr zufolge war zudem die Entscheidung von Trumps Nachfolger Joe Biden aus Afghanistan abzuziehen, vorauszusehen.

Haber, die in Washington zwischen 2018 und 2023 Botschafterin war, machte deutlich, dass die Diplomaten während der Amtszeit Donald Trumps gezwungen gewesen seien, sich durch indirekte Gespräche mit Senatoren, Experten oder Denkfabriken über die Außenpolitik der USA zu informieren. Die Informationen, die man direkt aus der US-Administration erhalten habe, seien oft "über Nacht zur Makulatur geworden". Das habe sich unter Trumps Nachfolger, dem aktuellen Präsidenten Joe Biden, geändert, obwohl dann andere Hindernisse entstanden seien, sagte Haber.

Unterschiedliche Wahrnehmung der Beziehungen

In dieser Zeit hätten Berlin und Washington D.C. den Zustand ihrer Beziehungen unterschiedlich wahrgenommen. Während Berlin US-Entscheidungen intransparent gefunden habe, seien die Amerikaner davon überzeugt gewesen, sie würden Deutschland "bestens informieren". Die deutsche Diplomatin sprach von einem "Disconnect" zwischen beiden Hauptstädten.

Dass der neue Präsident an der Entscheidung seines Vorgängers, die Truppen aus Afghanistan abzuziehen, festhalten würde, habe sie erwartet. "Wir alle wussten, wie er als Vizepräsident öffentlich damit umgegangen war. Er hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er da rausgehen wollte", sagte Haber im Untersuchungsausschuss.


„Es mussten alle Fakten, aber auch die Kritik berücksichtigt werden.“
Emily Haber, Ex-Botschafterin in Washington

Ihr zufolge habe sich das Weiße Haus die Entscheidung dennoch nicht leicht gemacht. Es sei intern sehr intensiv und kontrovers darüber diskutiert worden: "Es mussten alle Fakten, aber auch die Kritik berücksichtigt werden". Aus Sicht Bidens habe es immer zwei Optionen gegeben: Eskalation oder Abzug. Er habe seine Entscheidung vor dem Hintergrund der Annahme getroffen, dass ein Verbleib in Afghanistan nicht nur Gewalt provozieren, sondern auch mehr Truppen erfordern würde.

Der Bundesregierung in Berlin habe sie zwar nicht davon berichtet, dass es unvermeidlich zu einem "worst case" kommen würde, jedoch von "erratischen Signalen". Sie habe auch auf Bidens bekannte Haltung hingewiesen.

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Am 14. August 2021 habe Berlin vermeldet, aus Kabul werde berichtet, dass die Amerikaner ihre Botschaft evakuierten. Daraufhin habe sie gleich das State Department angerufen, sagte die Ex-Diplomatin. Nach einer Sitzung im Weißen Haus sei ihr mitgeteilt worden, die US-Botschaft werde nicht evakuiert, sondern eine Kernmannschaft werde weiterhin die Stellung halten. Die endgültige Evakuierung sei für das Monatsende geplant. Zu diesem Zeitpunkt habe sie nicht gewusst, dass die US-Truppen die "green zone" in Kabul, in dem sich auch die deutsche Botschaft befand, längst verlassen hatten. Dass die US-Botschaft tatsächlich evakuiert wurde, habe sie erst am nächsten Morgen erfahren. "Die Informationen aus Kabul korrespondierten nicht mit dem, was mir in Washington D.C. gesagt wurde", berichtete Haber.