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Reform bei Petitionen : Raus aus dem Ausschuss

Der Bundestag debattiert über einen AfD-Antrag für eine Bürgerstunde im Plenum. Die anderen Fraktionen warnen vor einer Unterwanderung des Petitionsrechts.

30.09.2023
2024-03-15T12:50:01.3600Z
3 Min
Foto: picture alliance / Flashpic

Martina Stamm-Fibich (SPD) und Andreas Mattfeldt (CDU) im Juni bei der Übergabe des Jahresberichts des Petitionsausschusses.

Die Ampelfraktionen haben im Koalitionsvertrag beschlossen, das Petitionsrecht zu stärken und eine Beratung von Petitionen auch im Plenum zu ermöglichen. Daran haben Macit Karaahmetoglu und Axel Echeverria (beide SPD) am Mittwochabend erinnert, als der Bundestag sich erstmals mit einem AfD-Antrag (20/8529) mit ähnlicher Stoßrichtung auseinandersetzte. Die AfD fordert darin, dass im Plenum eine "Bürgerstunde" stattfinden soll, sobald der Petitionsausschuss eine Beschlussempfehlung über eine Petition mit einem Quorum von 100.000 Mitzeichnungen vorlegt oder wenn eine Fraktion eine Bürgerstunde für eine solche Petition verlangt.

Die übrigen Fraktionen distanzierten sich von dem Vorschlag, der nun im Geschäftsordnungsausschuss weiter beraten werden soll. Karaahmetoglu sagte, der AfD gehe es nicht um den Souverän, sie wolle vielmehr das Petitionsrecht für ihre Zwecke missbrauchen. Echeverria ergänzte, die AfD wolle Hass und Hetze ins Plenum bringen, während die Ampel daran arbeite, das Petitionswesen attraktiver zu machen. Die Vorsitzende des Petitionsausschusses Martina Stamm-Fibich (SPD) fügte hinzu, die AfD wolle selber entscheiden, welche Petition im Plenum beraten wird.

Zahl der beim Bundestag eingehenden Petitionen stagniert

Dirk Brandes (AfD) hingegen argumentierte, seine Fraktion wolle Demokratie, Bürgerbeteiligung und das Petitionswesen stärken. Derzeit würden Petitionen im Plenum faktisch nicht beraten. In der "Bürgerstunde" sollen Abgeordnete und Fraktionen zum Gegenstand der jeweiligen Petition Stellung beziehen.

Zur Begründung sagte Brandes, die Zahl der beim Bundestag eingehenden Petitionen stagniere auf niedrigem Niveau, während private Petitionsplattformen boomen würden. Die Koalition wolle die Beratung einer Petition im Plenum nur, wenn der Petitionsausschuss dies vorher beschließe. Brandes: "Wovor haben Sie Angst, nicht jede Petition im Plenum zuzulassen?"

Martina Stamm-Fibich fand, es lohne sich, Petitionen auch im Plenum mehr Raum zu verschaffen, zusätzlich zu einer öffentlichen Beratung im Ausschuss. Man wolle dies mit den Koalitionspartnern umsetzen, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Beratung im Plenum vorher im Ausschuss beschlossen wird.

Die Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses, Daniela Ludwig (CSU), stellte fest, dass die Bürgernähe des Bundestages besser sei, als von der AfD dargestellt. Sie mahnte, darauf zu achten, nicht unterwandert zu werden. Die Zahl der Unterschriften unter einer Petition sage nichts aus über deren Bedeutung. "Wir sollten uns nicht vorführen und reinregieren lassen", sagte Ludwig, sondern selbst darüber befinden, was debattiert wird.

Union ist gegen Politisierung des Petitionsrechts

Ähnlich argumentierte Patrick Schnieder (CDU). Man müsse aufpassen, das Petitionswesen nicht insgesamt zu entwerten. Er erinnerte an den "verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung aller Petitionen" und lehnte ein "Forum für populistische Debatten" ab. Irritiert zeigte sich Schnieder über ein Positionspapier der SPD-Fraktion, wonach der Ausschuss mehrheitlich über die Beratung im Plenum entscheiden darf. Er lehne eine Politisierung des Petitionsrechts ab und riet der SPD, dies noch einmal zu überdenken.

Corinna Rüffer von den Grünen sah die Arbeit des Petitionsausschusses nicht hinreichend gewürdigt. Daher wolle man das Quorum absenken, die Mitzeichnungsfrist verlängern und das Petitionswesen insgesamt inklusiver aufstellen. Manfred Todtenhausen (FDP) bekräftige diese Absicht, um zu verhindern, "dass nur "große und organisierte Kampagnen" öffentlich beraten werden. Die Arbeit des Ausschusses müsse verständlicher und digitaler werden. Dabei gehe es unter anderem um den Zugang zur Plattform, Barrierefreiheit und die Aufbereitung von Entscheidungen.

Ina Latendorf (Die Linke) betonte, der Petitonsausschuss sei zu wichtig für "Theater und Profilierung", der AfD-Antrag "purer Populismus". Die Linke habe Vorschläge gemacht, der Rest des Hauses aber zu wenig Reformwillen an den Tag gelegt. Sie plädierte für eine Reform des Ausschusses "auf breiter Ebene".