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Foto: picture alliance/AP/Pablo Martinez Monsivais
Sieger der Vorwahlen bei den Republikanern: Ex-Präsident Donald Trump. Damit läuft es bei der Präsidentenwahl wieder auf das Duell Biden vs. Trump hinaus.

US-Vorwahlen : Durchmarsch mit Warn-Signalen

Der „Super Tuesday“ gilt als wichtige Etappe im US-Vorwahlkampf. Ex-Präsident Donald Trump bleibt weiterhin klar auf Erfolgskurs bei den Republikanern.

06.03.2024
2024-03-06T14:10:30.3600Z
5 Min

Super-Trump-Day in Amerika: Der Ex-Präsident ist bei den Präsidentschaftsvorwahlen seiner Favoritenrolle bei den Republikanern über alle Maßen gerecht geworden. Er gewann am „Super Tuesday” in mindestens zwölf der 15 Bundesstaaten, in denen abgestimmt wurde, gegen die Ex-Gouverneurin South Carolinas, Nikki Haley. Trumps Rivalin im parteiinternen Rennen kündigte nach Bekanntwerden der Wahlergebnisse an, ihre Kampagne zu beenden. Damit ist der Weg frei für eine erneute Kandidatur von Ex-Präsident Donald Trump.

In North Carolina, Virginia, Tennessee, Oklahoma, Maine, Massachusetts, Arkansas, Alabama, Texas, Colorado, Minnesota und Kalifornien ließ der 77-Jährige seine einzige noch im Rennen verbliebene Kandidatin der Republikaner Nikki Haley teils mit großem Abstand hinter sich und kam dem Quorum von nötigen 1215 Delegierten beim Nominierungsparteitag im Juli einen gewaltigen Schritt näher. Trump hat nun bereits über 900 Stimmen sicher.

Achtungserfolg für Nikki Haley in Vermont

Haley konnte lediglich im tief demokratischen Neuengland-Bundesstaat Vermont, wo der frühere demokratische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders seine Heimat hat, einen Achtungserfolg landen und entschied dort 17 Delegierte für sich. Bei den Demokraten marschierte der de facto konkurrenzlose Amtsinhaber Joe Biden ohne Schwierigkeiten durch den Wettbewerb und gewann bis auf das kleine Außenterritorium Amerikanisch-Samoa - dort konnte sich der Unternehmer Jason Palmer durchsetzen. Alles spricht also für eine Neuauflage des Duells Joe Biden gegen Donald Trump.

Trump zeigte sich bei einer Rede in seinem Privat-Domizil Mar-a-Lago in Florida aufgeräumt und sprach von einem „fantastischen” Resultat. Rein mathematisch ist ihm die Kandidatur nach diesem Durchmarsch kaum mehr zu nehmen. Der Ex-Präsident (2017 bis 2021) ging schon mit 274 Delegierten-Stimmen in den „Super Tuesday“. Bis zum Nominierungsparteitag im Juli in Milwaukee zeichnen sich keine Stolpersteine mehr ab. Bei der Wahl im November aber würden die Karten neu sortiert. Und hier hat Trump kein konkurrenzlos gutes Blatt auf der Hand. Seine Rivalin Nikki Haley hat in allen Vorwahlen bisher regelmäßig zwischen 20 und 40 Prozent der konservativen Stimmen abgesogen; allesamt Trump-Gegner.

Foto: picture alliance/AP/Abbie Parr

Nikki Haley, Ex-UN-Botschafterin der USA, erzielte bei den Vorwahlen am "Super Tuesday" einen Achtungserfolg im Bundestaat Vermont.

Wie detaillierte Nachwahlbefragungen ergaben, punktet Trump zwar in landwirtschaftlich geprägten Bundesstaaten bei älteren, weißen Wählerinnen und Wählern über 50 und ohne Hochschulbildung sowie bei christlichen Nationalisten. Schaut man jedoch auf ethnisch diverse Ballungsräume und deren Vorstädte, den „suburbs”, mit einer überdurchschnittlich gebildeten Bevölkerung, dann sieht es schlechter für den Rechtspopulisten aus. Hier hat Trump Analysen zufolge gegenüber 2016 und 2020 Anteile verloren.

Abmildung in Trumps Rhetorik erwartet

Ohne Stimmen aus diesen Wähler-Segmenten, prophezeien Wahlforscher, könnte Trump im Herbst die Präsidentschaftswahl wie 2020 erneut gegen den Demokraten Joe Biden verlieren.


„Wir haben eine großartige republikanische Partei (…). Und wir wollen Einheit, und wir werden Einheit haben, und es wird sehr schnell gehen.“
Ex-Präsident Donald Trump

Es wird erwartet, dass Trump seine bisher allein auf die Bedürfnisse der radikal-konservativen Basis ausgerichteten Politik-Angebote im weiteren Verlauf des Wahlkampfes rhetorisch abmildert, um auch bei Wählern in der Mitte Gehör zu finden. Vor allem bei Themen wie strikte Abtreibungsregeln, geopolitischer Isolationismus, Massen-Deportation von illegalen Einwanderern, Vergeltungsmaßnahmen gegen politische Gegner, wird er weniger polarisierend auftreten. In Mar-a-Lago warb Trump am Wahlabend dafür, das Land und die republikanische Partei zu „einen”.

Trump muss seine Wahlkampfkasse auffüllen

Wichtiger Randaspekt: Trumps finanzielle Möglichkeiten sind durch gerichtlich verhängte Strafgelder von einer halben Milliarde Dollar maximal eingeschränkt, die Parteikasse der Republikaner ist derzeit klamm. Der Immobilien-Unternehmer sucht nach solventen Unterstützern. Konkret will er den Multi-Unternehmer und Milliardär Elon Musik für sich gewinnen. Ein Treffen hat bereits stattgefunden.

Für Nikki Haley kam in der Nacht zu Mittwoch die Stunde der Wahrheit: Sie gab bekannt, ihre Kampagne zu beenden. Seit Wochen hatte die Ex-UN-Botschafterin erklärt, dass sie trotz ihrer Niederlagen-Serie, die im Januar in Iowa begann, im Wettbewerb bleiben wolle. Die Ergebnisse vom „Super Tuesday“ bestätigten ihren Negativ-Trend. Die bisher einzigen Siege im notorisch Trump verachtenden Hauptstadtbezirk Washington DC und im verträumten Vermont waren kaum der Rede wert. Die 52-Jährige hatte bei Licht betrachtet keine Chance mehr, um Trump noch abzufangen und gab nun auf.

Dass sie am „Super Tuesday“ in absoluten Zahlen fast zwei Millionen Stimmen bekam, nutzte ihr nichts in einem vorwiegend „The winner takes all”-Wahlsystem, das Trump klar begünstigt. Haley ließ die Frage lange offen, bis wann sie weitermacht. Es war spekuliert worden, sie könnte noch versuchen, ihre Kandidatur ruhen zu lassen, für den Fall, dass Trump bis zum Sommer durch Gerichtsprozesse oder andere Zwischenfälle nachhaltig beschädigt werden sollte. Aber die 52-Jährige steigt nun aus.

Warnung aus Minnesota für Präsident Biden

Für Amtsinhaber Joe Biden hält der Super-Wahltag keine wirklich überraschenden Erkenntnisse bereit. Der 81-Jährige war in den demokratischen Vorwahlen gesetzt, parteiinterne Konkurrenz spielte keine Rolle. Er gewann bis auf das Außenterritorium Amerikanisch-Samoa überall.

Die Dimension von Protest-Wählern, die seine Nahost-Politik als zu Israel-freundlich ansehen, ist noch nicht vollständig einzuschätzen. In Michigan zeigten vor einigen Tagen 100.000 meist arabisch-stämmige Wähler dem Amtsinhaber die gelbe Karte. Ihre Drohung, Biden im November nicht zu wählen, wenn Amerika von Israel keinen dauerhaften Waffenstillstand in Gaza erzwingt, wiegt schwer. In Minnesota versagten ihm ebenfalls 20 Prozent der Wähler die Gefolgschaft.

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Der Demokrat Joe Biden will im November seine zweite Amtszeit als US-Präsident antreten, sein Herausforderer wird höchstwahrscheinlich wieder Donald Trump von den Republikanern sein.

Der Präsident weiß um die Langzeitwirkung schlechter Umfragen. Sie sehen ihn aktuell um bis zu fünf Prozentpunkte hinter Donald Trump. Biden wird darum versuchen, mit diesen Wahlergebnissen bei der „Rede zur Lage der Nation” Ende dieser Woche im Kongress in Washington vor erwarteten 50 Millionen Amerikanern an den Fernsehschirmen seiner Kandidatur eine neue, aggressivere, selbstbewusstere Note zu verleihen.

Seine Ansprache, heißt es in Regierungskreisen, werde sich nicht darin erschöpfen, gesetzgeberische Errungenschaften aufzuzählen und sich im Licht einer weltweit beispiellos boomenden Post-Corona-Wirtschaft mit steigenden Börsen und sinkender Arbeitslosigkeit zu sonnen. 


„Er wird von Groll und Gier getrieben und ist auf seine eigene Rache und Vergeltung konzentriert, nicht auf das amerikanische Volk.“
US-Präsident Joe Biden

Trotzdem gibt es aus dem „Super Tuesday“ heraus einige wichtige Signale: In drei Bundesstaaten - Kalifornien, North Carolina und Virginia - ergaben Nachwahlbefragungen, dass Trumps angekündigte Massenabschiebung von illegalen Einwanderern in der konservativen Wählerschaft nicht auf Ablehnung trifft. Im Gegenteil, zwischen 59 Prozent und 69 Prozent der Wähler waren dafür.

Strafprozesse könnten Trump ausbremsen

Beunruhigende Erkenntnisse hält die Meinungsforschung für Trump jedoch hinsichtlich seiner in der Schwebe hängenden Strafprozesse wegen Verschwörung und versuchter Wahlmanipulation bereit. Zwischen 23 Prozent und 40 Prozent der Wahlberechtigten, in Kalifornien und in Virginia, halten den 77-Jährigen nicht mehr für präsidiabel, wenn er bis zur Wahl am 5. November schuldig gesprochen werden sollte.

Für Joe Biden gibt es Anlass zum Nachdenken, was ethnische Minderheiten anbelangt, die ihn 2020 noch kräftig unterstützt haben. Im bevölkerungsreichsten Kalifornien (40 Millionen Einwohner) brachte Trump über 70 Prozent der nicht-weißen Bevölkerung, vor allem Latinos, hinter sich, obwohl er gegen Einwanderer massiv Front macht.

Migration als Wahlkampfthema Nr. 1

Bei den Befragungen von Wählern, die frisch aus den Wahllokalen kamen, verfestigte sich zudem ein genereller Trend: Die Situation an der mexikanischen Grenze, wo die illegale Einwanderung überhand genommen hat, ist Thema Nr. 1 geworden, nahezu gleichrangig mit der wirtschaftlichen Lage. Der Druck auf Biden, die Flüchtlingszahlen deutlich zurückzufahren, wird zunehmen. Trump arbeitet hier mit Maximalversprechen. Er würde die USA vorübergehend für Asylsuchende abschotten.

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Am 12. März sind die Menschen in Georgia, Mississippi und Washington State sowie Hawaii (nur Republikaner) zur Vor-Wahl aufgerufen. Am 19. März folgen Arizona, Florida, Illinois, Kansas und Ohio. Doch nach dem Ausscheiden Haleys dürfte klar sein, dass Donald Trump die republikanische Kandidatur in der Tasche hat.

Der Autor ist USA-Korrespondent der Funke-Mediengruppe in Washington.