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Kurz notiert

05.01.2009
2023-08-30T11:23:43.7200Z
7 Min

Es ist an der Zeit, das Bündnis auf die Zukunft vorzubereiten. Vor allem das politische Gewicht der Nato muss weiter ausgebaut werden. Die zu erwartende sicherheitspolitische Neuorientierung der USA sollten wir hierfür als Chance nutzen, um uns als Europäer wieder aktiver in die transatlantische Sicherheitsarchitektur einzubringen. Das bedeutet aber auch, dass die europäischen Partner mehr Verantwortung übernehmen müssen.

Die Nato ist und bleibt eine Wertegemeinschaft, deren Handlungsfähigkeit auf Übereinstimmung in Grundfragen beruht. Es gibt Überlegungen, die Beziehungen zu Ländern wie Australien, Neuseeland, Japan, Taiwan und Südkorea auszubauen. Die Nato sollte sich aber hüten, als Konkurrenz zu regionalen Bündnissen aufzutreten. Sie sollte ihr Gewicht als politisches Gremium stärken und neue Aufgaben - wie die Krisenbewältigung - unter den UN-Schirm stellen.

Die Nato ist das erfolgreichste Sicherheitsbündnis der Geschichte und zugleich eine Wertegemeinschaft. Um diese Erfolgsgeschichte fortschreiben zu können, ist eine stärkere Berücksichtigung der geänderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen nötig. Die Nato muss hierauf sowohl strukturell als auch mit einem neuen strategischen Konzept antworten. Darüber hinaus sind die Koordinationsmechanismen zwischen Nato und EU zu verbessern.

60 Jahre Nato sind für DIE LINKE kein Grund zum Feiern. Die Nato stellt sich über das Völkerrecht und entwertet die Rolle der UN. Wohin dies führt, zeigen die Kampfeinsätze im Kosovo und in Afghanistan: Die Nato steht einer zukunftstauglichen Friedenspolitik im Weg. Unsere Zielvorgaben sind Abrüstung statt Aufrüstung und zivile Konfliktbearbeitung statt militärischen Interventionismus. Die Nato muss aufgelöst und durch ein kollektives Sicherheitssytem ersetzt werden.

Mit dem Verlust ihres Gegenblocks fand die Nato neue Aufgaben: Ihre Integrationskraft wirkt einer Renationalisierung von Sicherheitspolitik entgegen. Die Nato trug wesentlich dazu bei, die Balkankriege zu stoppen. Für die Zukunft der Nato ist entscheidend, dass sich in ihr Europäer und USA auf Augenhöhe begegnen, dass sie sich auf Basis eines echten strategischen Konsenses zu einem verlässlichen "Dienstleister" im Rahmen der UN entwickelt und zur dabei zu weltweiter Rüstungskontrolle und Abrüstung beiträgt.

BERND SIEBERT

Verteidigungs-

politischer Sprecher der CDU/CSU-

Fraktion

Stellv. Mitglied der deutschen Delegat. in der Nato-PV

RAINER ARNOLD

Verteidigungs-

politischer Sprecher der SPD-Fraktion

Stellv. Mitglied der deutschen Delegat. in der Nato-PV

BIRGIT

HOMBURGER

Verteidigungs-

politische

Sprecherin der

FDP-Fraktion

PAUL SCHÄFER

Verteidigungs-

politischer Sprecher der Linksfraktion

Mitglied der deutschen Delegat. in der Nato-PV

WINFRIED

NACHTWEI

Verteidigungs-

politischer Sprecher von Bündnis 90/

Die Grünen

Mitglied der deutschen Delegat. in der Nato-PV

Verhandlungen laufen

bereits seit 1948

Seit dem 6. Juli 1948 hatten die Mächte des Brüsseler Vertrags über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit und kollektive Verteidigung (Belgien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande und Großbritannien) mit den USA und Kanada über die nordatlantische Verteidigung und über den Nordatlantikvertrag verhandelt. 4. April 1949: Im Zuge des aufkommenden Ost-West-Konfliktes nach Ende des Zweiten Weltkrieges unterzeichnen Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal und die USA den Nordatlantikvertrag. Er tritt am 24. August 1949 in Kraft. Am 18. Februar 1952 treten Griechenland und die Türkei bei.

Deutschland stößt hinzu

Bereits der Vorstoß des französischen Außenministers René Pleven vom 24. Oktober 1950 hatte der 1949 gegründeten Bundesrepublik eine militärische Rolle zugedacht. Der "Pleven-Plan" sah gemeinsame europäische Streitkräfte unter Einschluss deutscher Kontingente im Rahmen der Nato vor, das Vorhaben einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) scheiterte aber im August 1954 am Widerstand der französischen Nationalversammlung. Mit den Pariser Verträgen (23. Oktober 1954) wurde Deutschland zum Beitritt in die Nato eingeladen, zudem traten Deutschland und Italien der Westeuropäischen Union (WEU) bei.

Mauerbau und Planung mit Atomwaffen

13. August 1961: Bau der Berliner Mauer. In der Folge bekräftigt das Atlantische Bündnis auf einer Ministertagung des Nordatlantikrates (13. bis 15. Dezember 1961) seine Haltung, dass die Westmächte in Berlin präsent bleiben müssen und verurteilt den Bau der Mauer. Es spricht sich aber für die Wiederaufnahme diplomatischer Kontakte zur UdSSR aus. Wenige Tage später, im Januar 1962, verabschiedet die "Atlantische Konvention" der Nato-Länder die "Pariser Erklärung" zugunsten einer Stärkung des Bündnisses und der atlantischen Gemeinschaft. Die Athener Richtlinien von 1962 definieren die Umstände, unter denen sich die Nato gezwungen sehen könnte, Atomwaffen einzusetzen.

Frankreich zieht sich aus der Militärstruktur zurück

10. März 1966: Frankreich kündigt an, sich aus der integrierten Militärstruktur der Nato zurückzuziehen. 13./14. Dezember 1967: Der Nordatlantikrat verabschiedet den Harmel-Bericht, benannt nach dem damaligen belgischen Außenminister Pierre Harmel. Er sieht eine Entspannungspolitik gegenüber der UdSSR bei Erhalt der atlantischen Verteidigungsbereitschaft vor. Zusammen mit dem Bericht wird die 1954 als Reaktion auf den Korea-Krieg verabschiedete Strategie der "Massiven Vergeltung" (nuklearer Gegenschlag als Antwort auf sowjetische Angriffshandlungen) durch die der "Flexiblen Reaktion" (abgestufte, nicht vorhersehbare Reaktion auf einen Angriff durch Direktverteidigung und allgemeine nukleare Eskalation) ersetzt.

Der Doppelbeschluss

12. Dezember 1979: Verabschiedung des Nato-Doppelbeschlusses: Angebot an die UdSSR zur beiderseitigen Begrenzung taktischer Mittelstreckenraketen bei gleichzeitiger Ankündigung, andernfalls eine neue Generation von US-Atomwaffen in Europa zu stationieren. Im Gegensatz zu den erfolgreichen Bemühungen um ein Gleichgewicht bei den strategischen Atomwaffen (SALT I 1972 und SALT II 1979) scheitern die Verhandlungen. Daraufhin werden - gegen Widerstand in der deutschen Bevölkerung - ab 1983 Pershing II und Cruise Missiles in Westeuropa in Bereitschaft gehalten. Mit dem unter Michail Gorbatschow beginnenden Wandel in der UdSSR geht ab 1984 eine Entspannungspolitik einher, die ihren Niederschlag im INF-Abkommen zur Begrenzung der Mittelstreckenraketen findet.

Dem Ostblock wird die Hand gereicht

6. Juli 1990: Nach dem politischen Umbruch im Ostblock geben die Staats- und Regierungschefs der Nato die "Londoner Erklärung" über ein gewandeltes Atlantisches Bündnis ab. In der "Botschaft von Turnberry" (7./8. Juni 1990) hatte die Nato der UdSSR und den mittelosteuropäischen Staaten die "Hand zur Freundschaft und Zusammenarbeit gereicht", nun unterbreitet sie Vorschläge zu einer umfassenden militärischen und politischen Kooperation.

Neue Herausforderungen

auf dem Balkan

7./ 8. November 1991: Im Schatten der aufkeimenden blutigen Konflikte auf dem Balkan veröffentlichen die Staats- und Regierungschefs der Nato auf dem Gipfeltreffen in Rom ein neues Strategisches Konzept. Nicht mehr ein groß angelegter militärischer Angriff ist das Bedrohungsszenario. Wachsende Instabilität in der unmittelbaren Nachbarschaft birgt neue Gefahren für das Bündnis. Die Nato unterstützt die UN-Friedenstruppe auf dem Balkan durch Hilfsflüge, aber auch durch Luftangriffe auf serbische Stellungen. Am 5. Dezember 1995 löst die Nato-geführte Implementation Force (IFOR) die glücklose UN-Protection Force ab, um das Daytoner Friedensabkommen durchzusetzen. Ein Jahr später folgt auf IFOR die Nato-geführte Stabilization Force (SFOR).

Erste Bomben nach 50 Jahren

23./25. April 1999: Während der eskalierenden Kosovo-Krise, in der die Nato ohne Mandat der UN oder der OSZE Luftangriffe auf serbische Stellungen fliegt, um "ethnische Säuberungen" zu vermeiden, findet der Jubiläumsgipfel in Washington statt. Dort wird ein neues Strategisches Konzept verabschiedet. Darin vorgesehen: der Erhalt der transatlantischen Bindung und effektiver militärischer Fähigkeiten, die Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsidentität, Konfliktverhütung und Krisen- bewältigung, Partnerschaft, Erweiterung sowie Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen vor.

Der erste Bündnisfall

11. September 2001: Nach den Terroranschlägen in den USA ruft die Nato den Bündnisfall aus. Die ab Ende 2001 beginnenden Einsätze gegen den internationalen Terrorismus (Operation Enduring Freedom/OEF) und zur Stabilisierung Afghanistans (International Security Assistance Force/ ISAF) erfolgen allerdings durch eine internationale Koalition unter Führung der USA. Erst ab dem 11. August 2003 übernimmt die Nato die Führung der ISAF. Für schwere Verstimmungen innerhalb des Bündnisses sorgt zu diesem Zeitpunkt die im März 2003 begonnene US-geführte Operation Iraqi Freedom (OIF) gegen das Regime Saddam Husseins im Irak.

Die Grenzen werden weit nach Osten ausgedehnt

20./22. November 2002: Auf dem Prager Gipfel beschließen die Staats- und Regierungschefs die Transformation des Bündnisses. Das "Prague Capabilities Commitment" (PCC) legt verbindliche Richtlinien zur Ausgestaltung der Bündnisstreitkräfte fest, um ihre Fähigkeiten für die neuen Aufgaben - darunter Einsätze in entfernen Krisengebieten, Kampf gegen Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen - zu erhöhen. Als sichtbares Zeichen wird der Aufbau einer schnell einsatzfähigen Nato Response Force (NRF) begonnen. Auf dem Nato-Gipfel in Istanbul am 29. Juni 2004 wird das Ende der SFOR-Operation in Bosnien-Herzegowina beschlossen, ab dem 2. Dezember übernimmt dort die EU. Gegen den Widerstand Russlands geht die Erweiterung der Nato weiter. Auf dem Gipfel von Istanbul treten ihr Bulgarien, Estland, Lettland Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien bei.