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Obama an der Spree?

vergleich Was das parlamentarische und das präsidentielle System unterscheidet

06.04.2009
2023-08-30T11:23:53.7200Z
2 Min

Viele hätten gerne einen deutschen Obama. Aber diese Präsidentschaft bedarf keiner Einbindung in kontinuierliche und stabile Mehrheitskonstellationen. Sie beruht auf dem Willen, das Amt zu erobern, auf charismatischen Talenten und Botschaften, perfekter professioneller Inszenierung - und der direkten Wahl durch das Volk. Aber ist ein Königsweg, was heute zu Obama führte und gestern zu Bush?

Das präsidentielle System stellt Exekutive und Legislative nebeneinander und verlangt ihr Zusammenwirken aus eigenständigen Positionen heraus. Nicht nur der Präsident, auch der Congress stützt sich auf eigene Legitimität durch Wahl. Daraus folgen Inkompatibilität von Amt und Mandat und institutionelle Unabhängigkeit. Keine Gewalt kann in den Bestand der anderen eingreifen. Parlamentarisches Misstrauensvotum gibt es ebenso wenig wie ein Parlamentsauflösungsrecht des Präsidenten, während im parlamentarischen Regierungssystem beide Instrumente ineinandergreifen "wie Kolben und Zylinder einer Maschine" (Karl Loewenstein).

Im Grunde kann in den USA das Spiel der politischen Kräfte ebenso zur "imperial presidency" wie zum "congressional government" führen. Nur zu einem führt es nicht: zu einer parteipolitisch durchgeformten Konfrontation zwischen Mehrheit und Opposition. Parteien spielen eine äußerst zurückhaltende Rolle ohne nationale Gestaltungskraft. Daher gibt es auf dem Capitol nicht die Opposition. Ein Präsident, der etwas durchsetzen will, muss sich von Mal zu Mal eine eigene Mehrheit suchen, die flüchtig ist. Angesichts der Schwäche des Parteiensystems macht auch eine unterschiedliche Parteifärbung im Weißen Haus und auf Capitol Hill keinen großen Unterschied.

Ob Kanzlerdemokratie oder prime-ministerial-government: So führungsstark die Spitze auch sein mag, sie bleibt gebunden an Partei, Fraktion und Koalition. Disziplinierte Regierungsfraktionen besitzen erhebliches Durchsetzungspotenzial. Idealerweise beruht politische Führung auf beständiger Kommunikation und Koordination mit der Mehrheit. Von parlamentarischer Mitregierung ist treffend die Rede. Insgesamt kennzeichnet die Fusionierung von Parlament und Regierung das parlamentarische Regierungssystem. Die Opposition ist ein stets identifizierbarer und Kontrolle ausübender Gegenpart.

Der Autor ist Direktor der Akademie für politische Bildung in Tutzing und Vorsitzender der Vereinigung für Parlamentsfragen .