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Löcher stopfen

Finanzen Die SPD-Fraktion will einen »Rettungsschirm für die Kommunen«

29.03.2010
2023-08-30T11:25:52.7200Z
3 Min

Die Menschen spüren es: Die Lage der Städte und Gemeinden ist schlecht. Die Straßen sind nach dem strengen Winter marode und können nur notdürftig repariert werden, Schwimmbäder werden geschlossen und die Beiträge für die Musikschulen erhöht. Auch die Bundestagsabgeordneten beklagten in der Debatte am 25. März quer durch alle Fraktionen die finanzielle Lage der Kommunen. Allerdings waren die Abgeordneten sich nicht einig, was der Bund tun kann, um dies zu ändern. Während die Koalitionsfraktionen auf die kürzlich eingerichtete Gemeindefinanzkommission der Regierung setzen, verlangt die SPD-Fraktion in einem Antrag (17/1152) einen "Rettungsschirm für die Kommunen", mit dem die durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz entstandenen Einnahmeausfälle bei den Kommunen in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro vollständig kompensiert werden sollen.

Ausgaben gestiegen

Im Antrag heißt es, die positive Finanzentwicklung bei Städten und Gemeinden sei durch die Finanz- und Wirtschaftskrise jäh gestoppt worden (siehe Kompakt-Kasten). Auf der anderen Seite seien die Ausgaben für soziale Leistungen stark gestiegen - und zwar auf 40 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. In diesem Jahr werde ein Volumen von 41,6 Milliarden Euro erwartet. Allein die Kosten der Unterkunft seien seit ihrer Einführung um 27 Prozent auf 11 Milliarden Euro gestiegen.

Die Steuergesetzgebung der schwarz-gelben Koalition habe die extrem angespannte finanzielle Situation der Kommunen "dramatisch verschärft", stellt die SPD-Fraktion fest. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz führe zu direkten Einnahmeausfällen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro. Die vorgesehene Absenkung der Unternehmensbesteuerung werde bei den Kommunen zu Mindereinnahmen in Höhe von mindestens 650 Millionen Euro führen. Eine Einkommensteuerreform würde für die Kommunen nochmals Einnahmeverluste in Höhe von mehreren Milliarden Euro bedeuten.

Bernd Scheelen (SPD) wies in der Debatte darauf hin, dass der Bund auch für Banken erfolgreich solche Schirme aufgespannt habe. Überall im Land drohe die Schließung von Theatern, Museen oder Schwimmbädern. In Nordrhein-Westfalen wollten Kommunen als Akt der Notwehr nach dem Vorbild der Stadt Köln eine "Sexsteuer" auf Prostitution erheben.

Antje Tillmann (CDU/CSU) betonte, dass die Forderung der SPD, einen Rettungsschirm für die Kommunen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro, nicht gegenfinanziert sei. Dies gelte auch für die Forderung, die Beteiligung des Bundes an den Unterkunftskosten um drei Prozent zu erhöhen und die Städtebauförderung zu verstärken. Insgesamt handele es sich dabei um 20 Milliarden Euro, die nicht gegenfinanziert seien. Es sei deshalb kein Zufall, dass der Antrag nach Ende der Haushaltsberatungen 2010 gestellt worden sei. Auch den Antrag der Linksfraktion (17/1143) für mehr kommunale Mitwirkungsrechte im Gesetzgebungsverfahren wollte die CDU-Abgeordnete nicht gelten lassen: Schon jetzt würden kommunale Spitzenvertreter immer gehört, wenn die Angelegenheiten der Städte und Kommunen betroffen seien.

Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, kritisierte, Union und FDP schreckten einerseits vor schärferen Vorschriften für Banken zurück und würden andererseits Bund, Länder und Gemeinden mit einer Schuldenbremse knebeln. Es sei ein schwerer Fehler, in dieser Situation weitere Geschenke zu versprechen. Das sei die falsche Politik.

Birgit Reinemund (FDP) wies darauf hin, dass es trotz der Krise dennoch Städte gebe, denen es besser ginge und die ihre Haushalte konsolidieren konnten. Die Lage der Kommunen habe auch strukturelle Ursachen. Diese könne jedoch auch nur durch strukturelle Veränderungen verbessert werden. Dieser Aufgabe werde sich die Gemeindefinanzkommission widmen, die bis zum Herbst Vorschläge machen werde.

Unveränderte Umsatzsteuer

Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) forderte die Bundesregierung auf, "systematisch auf weitere Steuersenkungen zu verzichten". Auch warnte sie vor einer Abschaffung der Gewerbesteuer. Diese bringe den Kommunen 35 Milliarden Euro ein. Es müsse geklärt werden, wer diese 35 Milliarden Euro dann zahlen solle. Eine Verlagerung in Richtung Einkommensteuer würde die Bürgerinnen und Bürger belasten.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sah Gefahren für die Demokratie, wenn Landkreise, Städte und Gemeinden ihre Aufgaben wegen leerer Kassen nicht mehr erfüllen könnten. Die von ihm geleitete Regierungskommission werde so schnell wie möglich Ideen vorlegen, um neue Einnahmequellen für die Kommunen zu erschließen.

Der SPD-Antrag wurde zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (17/520), mit dem vor alle die Steuererleichterungen für das Hotelgewerbe zurückgenommen werden sollten, lehnte der Bundestag in namentlicher Abstimmung mit 308 zu 248 Stimmen ab. Er folgte dabei einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (17/869). Auch der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen (17/447) mit dem gleichen Ziel fand bei den Abgeordneten keine Mehrheit.