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Die Fristenfrage

hintergrund Wenn alle verzichten, kann es schnell gehen

25.05.2010
2023-08-30T11:25:57.7200Z
2 Min

Mit der Eurokrise hat neben Begriffen wie Kreditausfallversicherung und Leerverkauf auch das "beschleunigte Gesetzgebungsverfahren" Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden. Davon ist die Rede, wenn - wie in der Anfang Mai die Hellenen-Hilfe - ein Gesetzentwurf innerhalb weniger Tage eingebracht, beraten und vom Bundespräsidenten verkündet wird. Beim Gesetz zur Griechenlandhilfe dauerte es von der Einbringung des Entwurfs in den Bundestag am 3. Mai und der Erteilung des Verkündungsauftrages durch Bundespräsident Horst Köhler am 7. Mai fünf Tage.

Keine Vorgabe

Den Ausdruck "beschleunigtes Verfahren" kennen weder das Grundgesetz noch die Geschäftsordnung des Bundestages (GOBT), die Grundlage der parlamentarischen Arbeit. Die Dauer eines Gesetzgebungsverfahrens ist nirgendwo gesetzlich festgeschrieben. Beschleunigt wird das Verfahren genannt, weil von den in der GOBT für die Beratung eines Gesetzentwurfes im Bundestag vorgesehenen Fristen abgewichen wird. Zwei Fristen sind dabei maßgeblich. In Paragraf 78 Absatz 5 heißt es: "Soweit die Geschäftsordnung nichts anderes vorschreibt oder zulässt, beginnen die Beratungen der Vorlagen frühestens am dritten Tage nach Verteilung der Drucksachen". Die zweite Frist ist in Paragraf 81 der Geschäftsordnung festgeschrieben: "Sie (die Beratung) beginnt am zweiten Tag nach Verteilung der Beschlussempfehlung." Bei den Griechenlandhilfen konnten diese Fristen nicht eingehalten werden, das Gesetz konnte aber dennoch verabschiedet werden, weil alle Fraktionen einvernehmlich auf die Fristeinhaltung verzichtet hatten.

Im Fall der Milliardengewährleistungen war dieser Fristverzicht in der vergangenen Woche allerdings nicht nötig. Die Koalitionsfraktionen hatten den Gesetzentwurf bereits am 11. Mai beim Bundestag eingebracht, bis zur ersten Beratung am 19. Mai dauerte es acht Tage. Die Beschlussempfehlung mit dem Votum des Haushaltsausschusses und aller mitberatenden Ausschüsse wurde noch am 19. Mai spät abends an alle Abgeordneten verteilt, die zweite und dritte Beratung und die Schlussabstimmung konnten fristgerecht am 21. Mai stattfinden.

Keine Fristen

In Kraft treten können Gesetze allerdings nur zügig, wenn der Bundesrat direkt im Anschluss an den Bundestagsbeschluss die Gesetze berät, keinen Einspruch erhebt oder ihnen zustimmt und Bundespräsident Köhler noch am gleichen Tag seine Unterschrift unter die sogenannte Urschrift setzt. Gesetzliche Fristen gibt es auch in diesen Fällen nicht. Üblicherweise liegen zwischen dem Beschluss eines Gesetzes im Bundestag und der Beratung im Bundesrat mindestens drei Wochen.

Es ist sogar möglich, einen Gesetzentwurf innerhalb eines Tages zu beraten und zu beschließen - wenn ein entsprechender Antrag am Vortag bis 18 Uhr beim Bundestagspräsidenten eingegangen ist und alle Fraktionen auf Einhaltung der Fristen verzichten. Das ist bisher allerdings noch nie vorgekommen.