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ORTSTERMIN BEIM: WEIHNACHTSSINGEN : »Alle sollen ihren Spaß haben«

20.12.2010
2023-08-30T11:26:12.7200Z
3 Min

Schallende Posaunen tönten durch die Halle des Paul-Löbe-Hauses. Doch anders, als es in der Bibel überliefert ist, barsten die Mauern nicht. Stattdessen entlockte der Bläserchor der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz der unterkühlt-sachlichen Hallenarchitektur des Hauses liebliche Töne. Am vergangenen Donnerstag lud die überfraktionelle Kulturinitiative der Abgeordneten des Bundestages zum Adventssingen ein. Rund 200 Gäste, Mitarbeiter und Abgeordnete versammelten sich am späten Nachmittag im Parlamentsgebäude vor der gläsernen Panoramafront mit Blick auf die Winterlandschaft der Spreepromenade und sangen gemeinsam Weihnachtslieder.

"Ich bin freudig überrascht", sagte Waldemar Dross aus Wetzlar, der an einer Führung durch den Bundestag teilnahm und spontan in den Chor einstimmte. Unter den Sängern herrschte gelöste Sit-in-Stimmung. "Nun singet und seid froh", stimmte der Chor mit selbstbewusster Stimme in das Posaunenspiel ein und die Balustraden der oberen Stockwerke füllten sich mit hörlustigen Zuschauern. "Alle sollen ihren Spaß haben", sagt Josef Philip Winkler. Der Grünen-Abgeordnete ist Teil der überfraktionellen Kulturinitiative. "Kultur verbindet, bei allem, was uns sonst politisch trennt", sagte er. "Und weil heutzutage das gemeinsame Singen zum Weihnachtsfest zu kurz kommt, machen wir das regelmäßig."

Bereits seit der vergangenen Legislaturperiode und mittlerweile zum dritten Mal will die Initiative auf diese Weise in der letzten Sitzungswoche des Jahres Abgeordnete und Mitarbeiter des Bundestages auf die Adventszeit einstimmen. "Das machen wir für mehr Atmosphäre und Kollegialität", erklärte der Sozialdemokrat Rüdiger Veit sein Engagement. In der Initiative gebe niemand den Ton an.

Auch wenn das Schneechaos die Hauptstadt nach wie vor im Griff hat, geriet manch ein Sänger in dieser besinnlichen Pause in versöhnliche Stimmung: "Guck ich mir jetzt Berlin an, kommt Weihnachtsstimmung auf", sagte Waldemar Dross.

In zwei Grußworten erinnerten die Prälaten Bernhard Felmberg und Karl Jüsten an die Bedeutung der Adventszeit als Zeit der Besinnung und Menschlichkeit. Unter einem festlich geschmückten Weihnachtsbaum stimmte Monika Grütters fröhlich bei "O Tannenbaum" in den Chor mit ein. "Ich bin glücklich, dass so viele gekommen sind", sagte die Christdemokratin. Sie gehört mit Peter Gauweiler (CSU), Dieter Dehm (Die Linke) und Jürgen Koppelin (FDP) ebenfalls der überfraktionellen Initiative an. "Man muss eben nur das Angebot schaffen", erklärt sie das Interesse. Als Katholikin sei sie das Singen aus dem Gottesdienst gewohnt, aber es sei schon ein Unterschied, ob man am Rednerpult vor dem Plenum steht oder vor so vielen Menschen singt.

"Die Akustik ist hier phantastisch", sagte Siegfried Zühlke, Musiker und Leiter des Posaunenchores über das Paul-Löbe-Haus. "Es ist toll, hier zu spielen." Für Zühlke gehört das Musizieren im Bundestag zur Vorfreude auf Weihnachten. "Und es werden von Mal zu Mal mehr Zuhörer", stellte er fest.

Die Mitglieder der Kulturinitiative sind sich sicher: Im nächsten Jahr wird das Adventssingen wieder stattfinden. "Die Prälaten haben schon zugesagt", sagt Monika Grütters. Rüdiger Veit plant bereits die nächste Kulturveranstaltung. "Es soll im nächsten Jahr eine Lesung zu Ehren von Hermann Scheer geben", sagt er. Der SPD-Bundestagsabgeordnete war am 14. Oktober dieses Jahres gestorben. Nach einer Stunde beendete der Posaunenchor unter Applaus das Adventssingen und Josef Philip Winkler verabschiedete den Chor voll des Lobes. "Wir müssen aufpassen, dass der Papst das Paul-Löbe-Haus nicht zur Kathedrale weiht", sagte er mit Blick auf die Akustik und den für September 2011 geplanten Besuch Papst Benedikts XVI. im Deutschen Bundestag.