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Ungeprüft verlängert

CONTRA

29.08.2011
2023-08-30T12:16:47.7200Z
2 Min

Weil auch der Staat nicht hellsehen kann, ist er zum Schwarzsehen verurteilt. Weil er nicht weiß, ob und welche Terroristen welches Attentat zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort mit welchen Mitteln planen, muss er einerseits Gesetze schaffen, die seine Sicherheitsbehörden in die Lage versetzen, durch immer versiertere technische Informationsbeschaffung die Bürger vor Anschlägen zu schützen. Aber eben weil er nichts voraussehen kann, kann er andererseits auch nicht wissen, ob die einschlägigen Sicherheitsgesetze notwendig sind und tauglich und ob sie nicht ganz unverhältnismäßig die Grundrechte der Bürger beschränken. Darum ist er zur Überprüfung - zur sogenannten Evaluierung - dieser Gesetze verpflichtet.

Seit zehn Jahren erlauben die Anti-Terror-Gesetze den Geheimdiensten, überall die Daten von Bürgern abzufragen, ohne dass der Betroffene jemals davon erfährt und ohne vorherige oder zumindest nachträgliche Prüfung durch einen Richter. Und ebenfalls seit zehn Jahren wird auf die Prüfung verzichtet, ob die Anti-Terror-Gesetze geeignet, erforderlich und angemessen sind. Erst jetzt, nach zehn Jahren und der vom Bundeskabinett beschlossenen erneuten Verlängerung der Gesetze um weitere vier Jahre, wird eine Evaluierung ins Auge gefasst. Ein Pharmahersteller, der ein neues Medikament auf den Markt wirft und sich erst anschließend mit den Risiken, den Haupt- und Nebenwirkungen seines Produkts beschäftigt, bekäme schnell Besuch vom Staatsanwalt. Der Gesetzgeber hingegen, der erst nach einem Jahrzehnt Tauglichkeit und Gefahren freiheitsbeschränkender Gesetze untersucht, verweist seit dem 11. September 2001 entspannt auf die Parole: Freiheitsrechte stören die Produktion von Sicherheit.