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Christoph Birnbaum
Kurz notiert

Europa steht derzeit nicht gerade hoch im Kurs. Eine Krise jagt die andere. Dabei lohnt eine Debatte über Europa allemal, meint der ehemalige Chefvolkswirt der deutschen Bank, Norbert Walter. Europa als die Wiege abendländischer Kultur, als Ort größter künstlerischer, technischer und unternehmerischer Kreativität habe es nicht verdient, in Verruf zu geraten. Walter plädiert deshalb für den Euro und einen großen, einheitlichen Währungs- und Wirtschaftsraum, der es im Zeichen der Globalisierung mit dem amerikanischen Dollar und dem chinesischen Renminbi aufnehmen kann und auch geradezu muss.

"Die Welt beneidet uns um Europa", lautet Walters Credo. In Asien und im Nahen Osten blicke man neidisch auf den alten Kontinent und seine Fähigkeit, auch widerstreitende Interessen politisch zu bündeln und friedlich zu regeln. "Wir brauchen deshalb nicht weniger, wir brauchen mehr Europa", lautet seine Forderung angesichts der Staatsschuldenkrise. Dazu gehöre auch, "die hohe Kunst der Umschuldung" wieder zu erlernen. Lateinamerika liefere dazu Vorbilder und der Internationale Währungsfonds mit seinem so genannten Pariser und Londoner Club zur Schuldenregulierung zwischen staatlichen und privaten Gläubigern auch das passende Instrumentarium. Auf keinen Fall dürfe die Währungsunion auseinanderbrechen. Alleine und auf sich gestellt oder im Verbund nur der finanzstarken Euroländer könne man auf den Weltmärkten nicht bestehen. Deshalb brauche es dringend eine neue Stabilitätskultur in Europa mit harten Sanktionen für all diejenigen, die sich nicht an einmal getroffene Absprachen in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik hielten.

Allerdings dürfe die Europäische Union sich auch nicht unnötig verzetteln, mahnt Walter. Die Europäer, hätten vielfach in der Vergangenheit die Erfahrung gemacht, dass die EU Kompetenzen beansprucht, die von der Krümmung der Salatgurke bis hin zu Produktionsstandards bei der Beleuchtung und dem Verbot von Glühbirnen reichten. Das aber sei ein Irrweg.

Norbert Walter:

Europa. Warum unser Kontinent es wert ist, dass wir um ihn kämpfen.

Campus Verlag, Frankfurt/M. 2011; 254 S., 24,99 €

Aus Politik und Zeitgeschichte

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