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Teure Truppe

VERTEIDIGUNG Ursprünglich sollte die Bundeswehr sparen. Doch trotz Aussetzung der Wehrpflicht und Verkleinerung der Truppe bleibt der Etat weiter auf hohem…

28.11.2011
2023-08-30T12:16:53.7200Z
3 Min

Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich optimistisch: Der Verteidigungshaushalt sei im kommenden Jahr mit 31,87 Milliarden Euro zwar "nicht üppig", aber er sei "angemessen". Die erneute leichte Anhebung des Wehretats begründete der Verteidigungsminister mit dem Umbau der Bundeswehr von einer Wehrpflicht- zu einer Freiwilligenarmee, die weltweit im Einsatz sei. "Die Neuausrichtung ist sicherheitspolitisch begründet. Sie ist mit Blick auf unsere kleiner werdenden Jahrgänge demografisch abgesichert, und sie ist solide finanziert", argumentierte de Maizière in der abschließenden Beratung des Wehretats am vergangnen Mittwoch im Bundestag.

Auch in den kommenden Jahren werden die Einsparungen bei den deutschen Streitkräften deutlich geringer ausfallen als dies de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ursprünglich versprochen hatte. Rund 8,3 Milliarden Euro hatte dieser in den kommenden Jahren bei der Truppe einsparen wollen. Sein Nachfolger de Mazière hatte sich von diesem ehrgeizigen Sparziel allerdings schnell verabschiedet. Sollte der Wehretat ursprünglich bis zum Jahr 2015 nur noch 27,6 Milliarden Euro betragen, so liegt die Zielmarke nach der neuen Finanzplanung des Bundes (17/6601) nur noch bei 30,4 Milliarden Euro.

Gestiegener Etat

Die Haushälter des Bundestages hatten den Etatentwurf der Bundesregierung (17/6600, 17/6602) in den Haushaltsberatungen (17/7123, 17/7124, 17/7125) sogar noch einmal um 190 Millionen Euro aufgestockt. Damit stieg der Wehretat 2012 im Vergleich zum laufenden Jahr um 323 Millionen Euro. Zu sichtbaren Veränderungen im Verteidigungshaushalt wird der Umbau der Streitkräfte jedoch trotzdem führen. So sinken nach den Planungen erstmals seit vielen Jahren die Personalausgaben: um 1,61 Milliarden auf 14,92 Milliarden Euro. Allerdings wird aus dem Topf der Allgemeinen Finanzverwaltung eine weitere Milliarde Euro bereitgestellt, um zivile Mitarbeiter, die aus der zivilen Wehrverwaltung in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes versetzt werden, zu bezahlen. Der Großteil der eingesparten Personalausgaben wird im Gegenzug durch die um 980 Millionen Euro steigenden Verwaltungskosten bereits wieder aufgefressen. Sie schlagen mit insgesamt 5,18 Milliarden Euro zu Buche.

Neuer Grundkonsens

Applaus für den Kurswechsel im Verteidigungsministerium bekommt der neue Hausherr dafür nicht nur aus den Reihen der Koalitionsfraktionen, sondern auch von den Sozialdemokraten. So stelle der SPD-Haushaltsexperte Bernhard Brinkmann klar: "Die vollmundigen und nicht haltbaren Sparvorgaben des Herrn zu Guttenberg sind damit endgültig Makulatur, und das ist auch gut so."

Und Rainer Arnold (SPD) hob hervor, dass seit dem Ministerwechsel im Frühjahr, der "Grundkonsens in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik" zwischen der Mehrheit der Fraktionen "wieder deutlicher und einfacher herzustellen" sei. Gleichzeitig mahnte er aber an, dass von der Bundesregierung über neue, grundsätzliche Fragen diskutiert werden müsste, etwa nach Rolle und Verantwortung Deutschlands in der sicherheitspolitischen Welt. Auch Auf europäischer Ebene brauche man eine neue Debatte über eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, sagte Arnold.

Ein weiteres Vorhaben de Mazières, alle Rüstungs- Beschaffungsmaßnahmen zu überprüfen, wurde von der FDP gelobt. Jürgen Koppelin würdigte den Mut des Verteidigungsministers, alte Verträge zur Rüstungsbeschaffung zu korrigieren. Dabei gehe es überwiegend "um Beschlüsse und lange Verträge, die seinerzeit unter Rot-Grün eingetütet" worden sein, erklärte Koppelin. Unter anderem will de Mazière auf 37 "Eurofighter-Kampfflugzeuge" und 40 Kampfhubschrauber vom Typ "Tiger" verzichten. "Wir brauchen nicht die Sachen, die ihr irgendwann bestellt habt, sondern wir brauchen modernes Gerät", sagte Koppelin. Harsche Kritik an der geänderten Politik kam allerdings aus den Reihen der Fraktion Die Linke und Bündnis90/Die Grünen. Sie sprachen sich dagegen aus, die Sparziele wieder zurückzunehmen.

Der Haushaltspolitiker Tobias Lindner (Bündnis90/Die Grünen) forderte eine Verkleinerung der Bundeswehr auf 160.000 Soldaten. "Wir müssen die Bundeswehr an die sicherheitspolitischen Realitäten anpassen." Bei der Bundeswehrreform greife der Verteidigungsminister "zu kurz", sagte Lindner. "Sie verharren in alten Denkmustern und haben die Chance vertan, unsere Streitkräfte auf ihre wahrscheinlichsten Kernkompetenzen zu konzentrieren", kritisierte er.

Mogelpackung

Kritik an dem Etat des Verteidigungsministeriums übte die Linke-Abgeordnete Christine Buchholz. Sie bezeichnete ihn als "Mogelpackung". So würden die Kosten des Afghanistaneinsatzes "heruntergerechnet" und Ausgaben in andere Ressorts "ausgelagert", sagte sie. Mit den in anderen Einzeletats verbuchten Kosten würden die Ausgaben für den Verteidigungsetat 2012 insgesamt 35,4 Milliarden Euro betragen, kritisierte Buchholz. Der Verteidigungsminister nahm die Kritik gewohnt nüchtern und gelassen auf. Er erklärte, dass die Entscheidungen in diesem Jahr "noch der leichtere Teil der Übung" waren. Denn jetzt gehe es um die Umsetzung: "Dafür brauchen wir Jahre."